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Wirtschaft: Auf in den Feierabend

Wer auch nach Dienstschluss immer erreichbar ist, macht sich den Feierabend kaputt. Auf Dauer ist das ungesund.

Früher war nicht alles besser, aber manches einfacher. Die Trennlinie zwischen Arbeit und Freizeit zum Beispiel ist heute oft nicht mehr klar zu ziehen. Wenn es zu Opas Zeiten „Feierabend!“ hieß, dann war das in vielen Betrieben das Signal, dass nun Schluss mit der Arbeit sein sollte. So einfach ist das heute nicht mehr. Die „Entgrenzung von Arbeit und Freizeit“ nennt Wolfgang Panter das. Er ist Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW).

Das Thema hat mittlerweile auch die Politik entdeckt: Eine deutliche Trennung von Arbeit und Freizeit forderte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen erst kürzlich.

Hilfreich dafür sei es, sich selbst klare Regeln zu geben, sagt Wolfgang Panter. Etwa dafür, wann das Einloggen ins Firmennetzwerk am Wochenende definitiv tabu ist oder wann abends das Handy ausgeschaltet wird. Mails noch kurz vor dem Einschlafen zu lesen, sei ohnehin nicht zu empfehlen, sagt Panter. Wer das sein lässt, schläft in der Regel ruhiger.

Dass der Druck am Arbeitsplatz zunimmt, ist nicht nur gefühlt so. Nach Einschätzung der Bundespsychotherapeutenkammer in Berlin fallen immer mehr Arbeitnehmer wegen psychischer Erkrankungen aus. Statistisch gesehen sind 12,5 Prozent aller Fehltage auf sie zurückzuführen. Vor allem die Zahl der Krankentage wegen Burnout-Symptomen hat erheblich zugenommen: Waren es 2004 nur 0,6 Fehltage pro 100 Versicherte, stieg die Zahl 2011 schon auf 9 Tage.

Verlässliche Daten dazu, wie stark der Stress am Arbeitsplatz zugenommen hat, gebe es kaum, sagt Birgit Köper von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin in Dortmund. „Stress ist auch ein subjektives Phänomen.“ Grundsätzlich sei die Zunahme psychischer Belastungen und psychischer Erkrankungen aber unstrittig. Und während sich beim Thema Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit viel getan hat, seien die Betriebe bei der Prävention der neuen Gesundheitsrisiken noch ganz am Anfang.

Ein Grund für die Entwicklung ist nach Panters Überzeugung, dass die Arbeitszeitverkürzung der vergangenen Jahrzehnte zu einer Verdichtung der Arbeit geführt hat. Vor allem habe jedoch die Komplexität der Arbeit enorm zugenommen.

Längst gebe es auch eine Kultur der ständigen Erreichbarkeit. Das gelte nicht für alle Arbeitnehmer, aber für immer mehr. Und wer immer erreichbar ist, hat keinen Feierabend mehr. „Deshalb sollte man sich sagen 'Jetzt schalte ich das Ding ab'“, empfiehlt der Mediziner.

Mobil zu arbeiten und bei den Arbeitszeiten flexibel zu sein, habe natürlich auch Vorteile, sagt Coacherin Svenja Hofert.Aber unterm Strich führe das eben oft dazu, dass mehr gearbeitet wird. Hinzu kommt, dass nicht jeder perfekt in Selbstorganisation sei. Dann ufern die Arbeitszeiten schnell aus – und von Feierabend ist bald keine Rede mehr. Wird es einem zuviel, solle man das ansprechen, am besten beim Vorgesetzten, rät sie. dpa

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