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Wirtschaft: Aufregende Aktien 2000: EM.TV: Die Börsen-Story wurde zum Drama

Vor allem mit Blick auf die kalorienreiche Weihnachtszeit ist eine unerwartete Abnahme von Schwergewichten eigentlich eine gute Nachricht. Im Falle der EM.

Vor allem mit Blick auf die kalorienreiche Weihnachtszeit ist eine unerwartete Abnahme von Schwergewichten eigentlich eine gute Nachricht. Im Falle der EM.TV & Merchandising AG, Unterföhring bei München, ist das sicher anders. Das Papier des einstigen Börsenlieblings ist zum Unmut seiner vielen Eigner im Nemax 50 zu einem Leichtgewicht geworden. Die EM.TV hat an diesem Leitindex für den Neuen Markt wertmäßig nun nur noch 1,3 Prozent Anteil. Früher galt das ehemalige Vorzeigeunternehmen in diesem Segment mit einer Quote von 7,9 Prozent als Nummer zwei hinter T-Online. 115 Euro kostete eine EM.TV-Aktie im Februar dieses Jahres. Zuletzt war sie unter sechs Euro zu haben - ein Wertverfall von 95 Prozent. Auf gut 32 Milliarden Mark Börsenwert brachte es der TV-Rechtehändler in der Spitze. Klar unter zwei Milliarden Mark waren es zuletzt. Auf dem Papier entspricht das einer Wertvernichtung von über 30 Milliarden Mark binnen zehn Monaten.

Eine solche Umkehrung des Shareholder-Value wird derzeit nur eine Börsenetage höher bei Daimler-Chrysler übertroffen. Deren Vorstandsvorsitzender Jürgen Schrempp hat für die Halbierung des Daimler-Chrysler-Börsenwerts jedoch weit länger gebraucht als EM.TV-Chef Thomas Haffa für seine Katastrophenbilanz. Ausgelöst wurde der dramatische EM.TV-Kursverfall bekanntermaßen von den Managmentfehlern des ehemaligen Finanzchefs Florian Haffa, der das eigene Rechnungswesen nicht mehr im Griff hatte und die Unternehmenszahlen mehrmals korrigieren musste. So genannte Börsenexperten hatten den Kurs zuvor nach oben gejubelt und damit die Voraussetzung für den tiefen Fall geschaffen.

Die Zukunft des Papiers ist trotz Florian Haffas Rückzug und dem jüngsten Einstieg des Filmrechtehändlers Leo Kirch völlig offen. "Bei drei Euro steige ich ein", kündigen Zocker am Stammtisch dieser Tage an. Auf dieses Niveau ist EM.TV inzwischen fast schon abgesunken.

Thomas Haffa ist indessen unter Mithilfe von Kirch-Managern bemüht, das verlorene Vertrauen wichtiger Anlegerkreise wieder zu gewinnen, erfährt dabei aber, dass ein ruinierter Ruf mit flotten Sprüchen und optimistischen Versprechungen allein nicht zu reparieren ist. Immerhin haben ihm diverse Banken dem Vernehmen nach "kontrollierte Unterstützung" zugesagt. Beim Einstieg Kirchs sei ein Nettovermögenswert je EM-TV-Aktie von rund 14 Euro ermittelt worden, lassen interessierte Kreise derzeit durchsickern. Das wäre gut das Doppelte des EM.TV-Börsenwerts der letzten Tage. Als letztes Mittel zur Wiederbelebung der Aktie hat Firmenchef und Großaktionär Thomas Haffa seinen Rücktritt inzwischen nicht mehr ausgeschlossen.

tmh

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