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Wirtschaft: Aufs glatte Parkett

2004 werden sich erstmals wieder Unternehmen an die Börse trauen – nur wie viele, ist noch unklar

Börsianer malen sich das Jahr 2004 in den schönsten Farben aus. Sie könnten Recht behalten, denn an den Märkten deuten viele Signale auf den Aufschwung hin. Die Kurse steigen und selbst die psychologisch wichtige Marke von 4000 Punkten rückt im deutschen Aktienindex Dax wieder in Sichtweite. Angesichts der gestiegenen Risikobereitschaft der Anleger glauben viele Börsianer auch an eine Wiederbelebung des im vergangenen Jahr erschlafften Marktes für Börsengänge (Initial Public Offering – kurz IPO). Der Markt sei wieder aufnahmefähig, das Vertrauen der Kleinanleger ist gewachsen, die Stimmung besser, heißt es an der Börse und in den Emissionsabteilungen der Banken. Viele Hoffnungen ruhen dabei auf der Postbank: Ihr Börsengang, der für den Herbst erwartet wird, könnte das Eis brechen.

Doch noch halten sich die Unternehmen zurück. Im vergangenen Jahr hat es in Deutschland zum ersten Mal seit 35 Jahren keinen einzigen Börsengang geben. Den letzten – wenig beachteten – Börsengang gab es hier zu Lande vor rund einem Jahr mit Erotic Media. Die durch den Zusammenbruch der Aktienmärkte nach dem Internetboom verschreckten Anleger hätten zunächst Wandelanleihen gekauft, heißt es in Börsenkreisen.

Im Boomjahr 1999 wurde noch die Rekordzahl von 174 Börsenneulingen gezählt, ein Jahr später waren es noch einmal 142, 2001 dann gerade noch 26, im letzten Jahr gerade noch acht. Der Börsencrash ließ nicht nur die Kurse abstürzen, er brachte auch die Emissionsblase zum Platzen. Viele der vor drei und vier Jahren angepriesenen Unternehmen sind wieder vom Kurszettel verschwunden. Doch jetzt gibt es Signale für eine Wende.

„Unsere Pipeline füllt sich allmählich wieder“, sagt Georg Hansel, bei der Deutschen Bank zuständig für Börsengänge in Deutschland. Drei Groß-Unternehmen und ein paar kleinere Mandate habe man sich bereits gesichert. Dass die Börse wieder nach neuen Anlagemöglichkeiten giert und lohnende Chancen bietet, habe schon das Jahr 2003 gezeigt. Die Deutsche Bank hat Aktienpakete unter anderem von Allianz, Münchener Rück oder Deutsche Börse gut verkaufen können. Auch die jüngste Kapitalerhöhung der Commerzbank mit über 50 Millionen Aktien wurde ohne Probleme innerhalb von wenigen Stunden platziert. Allerdings gingen all diese Papiere nur an institutionelle Investoren wie Fonds oder Versicherungen.

Als einziges großes Unternehmen hat freilich bislang nur die Postbank für 2004 ihren Börsengang angekündigt. Derzeit verhandelt sie unter anderem mit der Deutschen Bank über die Regularien und darüber, welche Institute diesen IPO organisieren. 2,5 Milliarden Euro will Postchef Klaus Zumwinkel mit der Emission einnehmen. Auch die Abspaltung der Chemie-Sparte von Bayer unter dem Namen Newco macht Börsianern Hoffnung. Nach Vorstellungen des Konzerns soll sie bis 2005 an die Börse gebracht werden. Unter kleineren Firmen liebäugeln der Sanitär-Hersteller Grohe, das Pharma-Unternehmen Hexal und die Tiefbau-Firmen Bauer mit der Börse. Hexal will bis Jahresende eine Entscheidung über den Börsengang gefällt haben. Als Kandidaten gelten auch T-Mobile und Messer Griesheim.

„Die Story muss stimmen“

Für die Experten in den Banken wie auch für die Börsianer auf dem Parkett ist eines allerdings klar: Die Zeit von Fantasiewerten mit hochtrabenden Versprechungen ist ein für alle Mal vorbei. Der Crash am Neuen Markt, verbunden auch mit Betrügereien wie dem Telematik-Anbieter Comroad, hat alle Beteiligten auf den Boden der Tatsachen zurückgeführt. „Nur gute, solide Unternehmen haben eine Chance“, sagt Fidel Helmer, Börsenchef des Bankhauses Hauck&Aufhäuser. „Die Story muss stimmen“, betont Jochen Grossmann, bei der Commerzbank für IPOs im Inland zuständig. „Die Firma muss ordentlich Geld verdienen. Die Geschichte und das Geschäftsmodell müssen überzeugen.“ Und die Emission dürfe nicht zu klein sein, sagt Deutschbanker Hansel. Bei 100 Millionen Euro sieht er eine Untergrenze für Erfolg versprechende IPOs. Damit bleiben vorerst kleinere Unternehmen außen vor.

Damit hängt viel, wenn nicht alles von der Postbank ab. „Ein solcher Eisbrecher wäre ideal“, sagt Grossmann. Damit steht aber auch fest: Vor Mitte des Jahres, möglicherweise auch vor Herbst 2004, wird sich in Sachen Börsengänge nicht viel tun. Erst dann will die Post ihre Tochterfirma Postbank ins Börsenrennen schicken.

Insofern geben sich die Experten bescheiden. Hansel hielte schon sechs bis sieben IPOs im nächsten Jahr für ein gutes Ergebnis. Grossmann sagt immerhin zehn bis 30 Börsengänge voraus. Damit wäre 2004 zumindest ein durchschnittliches IPO-Jahr.

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