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Wirtschaft: Aufschwung von innen

Bundesbank und Wirtschaftsministerium sehen anhaltendes Wachstum – und streiten über Steuersenkung

Berlin - Bundesbank und Bundeswirtschaftsministerium gehen davon aus, dass der anspringende Konsum und die steigenden Firmen-Investitionen für einen langen Aufschwung in Deutschland sorgen können. Auch die Verbraucher in in vielen Ländern Europas glauben an eine bessere Zukunft, wie aus einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Nürnberger Marktforschungsunternehmens GfK hervorgeht.

„Die konjunkturellen Antriebskräfte verlagern sich in Deutschland zunehmend auf die Binnenwirtschaft“, schrieb die Bundesbank in ihrem neuen Monatsbericht vom Montag. Die Unternehmen investierten „erheblich“ in neue Maschinen, Anlagen und andere Ausrüstungen. Das gute Konsumklima deute zudem darauf hin, dass das Geld bei den Verbrauchern wieder lockerer sitze.

Das sieht das FDP-geführte Wirtschaftsministerium genauso. „Die Wachstumsdynamik hat sich inzwischen noch stärker auf die Binnenwirtschaft verlagert“, hieß es im Bericht des Ressorts von Philipp Rösler. „Sie ist vor allem von einer anhaltend regen Investitionstätigkeit geprägt.“ Auch der Konsum werde angesichts steigender Löhne und sinkender Arbeitslosigkeit eine wichtige Stütze bleiben.

Wegen der nicht mehr ganz so gut laufenden Exportgeschäfte zeichnet sich der Bundesbank zufolge zwar ein „konjunktureller Tempoverlust“ ab. „Die weiter expandierende Beschäftigung und die zunehmende Sachkapitalbildung sind aber Zeichen dafür, dass die mittelfristigen Konjunkturperspektiven weiterhin als günstig eingeschätzt werden“, schrieb die Bundesbank. Das Wirtschaftsministerium warnt aber vor Risiken von außen: „Die Erholung der US-Wirtschaft verläuft schleppender als erwartet, Inflationsgefahren in China haben zugenommen und die Euro-Schuldenkrise hat sich zuletzt erneut zugespitzt.“ Die Prognosen von Banken-Volkswirten und Wirtschaftsinstituten für das Wachstum in diesem Jahr bewegen sich derzeit zumeist zwischen drei und vier Prozent.

Uneins sind Bundesbank und Wirtschaftsministerium allerdings in der Frage, ob der anhaltende Aufschwung auch Spielraum für eine Steuersenkung schafft. Angesichts desolater Gemeindefinanzen rät die Bundesbank davon ab – es sei denn, Steuerkürzungen werden durch Ausgabensenkungen finanziert. Die Kassenkredite der Kommunen seien im ersten Quartal trotz des Aufschwungs auf ein Rekordniveau von 43 Milliarden Euro gestiegen. Darin spiegele sich die angespannte Finanzlage vieler Städte und Gemeinden wider. „Diese greifen zur Finanzierung laufender Ausgaben offenbar weiterhin auf dieses eigentlich nur zur Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe vorgesehene Instrument zurück“, hieß es. Daher, und mit Blick auf die schlechten finanziellen Perspektiven vieler Städte und Gemeinden, erschienen Steuersenkungen ohne Gegenfinanzierung „nicht angebracht“. Die Bundesregierung hat sich auf Steuerentlastungen ab 2013 festgelegt – vor allem auf Druck von Rösler und dessen FDP. Details will sie aber erst im Herbst präsentieren. Sie sieht vor allem durch die im Aufschwung deutlich steigenden Steuereinnahmen neuen Spielraum dafür.

In vielen Ländern Europas hat sich zudem die Stimmung der Verbraucher zum ersten Mal seit der schweren Rezession im vorvergangenen Jahr wieder verbessert. In zahlreichen Staaten zeigten die Wirtschaftsdaten erstmals wieder nach oben, begründete GfK den Umschwung im zweiten Quartal. Allerdings sorge die Schuldenkrise in Griechenland weiter für Verunsicherung, hinzukämen die finanziellen Probleme in Portugal und Irland. Viele Verbraucher seien deshalb noch nicht davon überzeugt, dass der Aufschwung in ihrem Land dauerhaft ist – umso mehr, als vielerorts die Teuerung vor allem bei Grundnahrungsmitteln und Treibstoff hoch sei. rtr/brö

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