zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Aufsicht ohne Biss

Verbraucherzentralen: Anlegerschutz „für die Tonne“.

Berlin - Der jüngste Vorstoß der Bundesregierung zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht und des Anlegerschutzes bekommt von den Verbraucherzentralen die Note „mangelhaft“. „Der Referentenentwurf gehört in die Tonne“, sagte Gerd Billen, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (VZBV), am Mittwoch in Berlin. Wie berichtet, soll die Stiftung Warentest ab 2013 jährlich 1,5 Millionen Euro zusätzlich bekommen, um mehr Finanzprodukte testen zu können als bisher. Außerdem erhält die Finanzaufsicht Bafin einen Verbraucherbeirat, der allerdings nur eine beratende Funktion hat.

Die Verbraucherschützer begrüßen zwar die zusätzlichen Mittel für die Stiftung Warentest, der neue „Finanz-Tüv“ suggeriere aber nur Produktsicherheit und werde das systematische Problem – die Falsch- und Schlechtberatung bei Banken und Versicherungen – nicht lösen. Zusätzliche 1,5 Millionen Euro seien zu wenig angesichts von 1,2 Billionen Euro auf Giro- und Sparkonten und privaten Krediten von rund 1,04 Billionen Euro. Billen forderte „eine Finanzaufsicht mit Biss“ und einen starken Finanzmarktwächter, der finanziell deutlich besser ausgestattet sein müsse. Für eine angemessenere Beratung und Marktbeobachtung seien zehn Millionen Euro nötig. Derzeit seien die bundesweit 16 Verbraucherzentralen nur in der Lage, etwa 50 000 Verbraucher in Finanzfragen unabhängig zu beraten.

Scharf kritisierte Billen die schleppende Regulierung der unabhängigen Finanzberatung in Deutschland und die seit Anfang 2010 vorgeschriebenen Protokolle in der Anlageberatung. Stichproben bei 50 Banken, Sparkassen und Volksbanken hätten gezeigt, dass die Protokolle eher die Anbieter von Produkten vor Haftung als die Verbraucher vor falschen Ratschlägen und Vermögensverlusten schützten. „Wir sollen in Zukunft nicht wissen dürfen, welche Anbieter uns übers Ohr hauen. Wir sollen nicht wissen dürfen, welche Banken und Sparkassen Misswirtschaft betreiben und das Geld der Verbraucher versenken“, klagte Billen mit Blick auf das vom Finanzministerium vorgelegte Gesetz, das den „Geist des 19. Jahrhunderts“ atme. „Wir sollen aus Verbrauchersicht weiter entmündigt werden“, sagte Billen. mot

Zur Startseite