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Was wird aus der Gasag? Für die Zukunft des Berliner Versorgers sind vor allem zwei Fragen zu beantworten: Wer bekommt die Konzession für den Betrieb des Gasnetzes, und wem gehört künftig das Unternehmen?

© dpa

Aufsichtsrat: Personalpoker an der Gasag-Spitze

Der Streit zwischen den Eigentümern der Gasag verschärft sich. Vattenfall schloss am Donnerstag einen Bündnisvertrag mit der französischen GDF, um sich selbst und die Gasag als industrieller Partner des Landes Berlin für die Energiewende anzubieten. Das strebt auch der dritte Gasag-Aktionär, die Düsseldorfer Eon, an.

High Noon bei der Gasag. Am Freitagmittag treffen sich die Aktionäre in der Unternehmenszentrale am Hackeschen Markt: Schießt Eon mit Hilfe der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat den jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden weg? Oder durchkreuzen Vattenfall und GDF die Eon-Pläne, indem sie die Wahl des Eon-Kandidaten Ewald Woste in den Aufsichtsrat sabotieren? Damit spitzt sich ein Streit zu, der vor mehr als einem Jahr im Zusammenhang mit dem Konzessionsverfahren für das Gasnetz begann und an dessen Ende vermutlich Klarheit darüber besteht, wer in Berlin künftig als industrieller Partner des Landes die Energiepolitik gestaltet – Vattenfall oder Eon.

Mit einem überraschenden Zug überraschte Vattenfall am Donnerstag den Gegner. Unter der Überschrift „Zukunftsbündnis stärkt Gasag“ gab der schwedische Staatskonzern eine Konsortialvereinbarug mit dem französischen Staatskonzern GDF bekannt; beide Unternehmen halten jeweils 31,575 Prozent an der Gasag, Eon hat 36,85 Prozent. Künftig wollen GDF (die inzwischen Engie heißt) und Vattenfall „ihren Einfluss auf die Gasag abgestimmt ausüben“. Dem Land Berlin biete sich damit „eine neue Option für die Umsetzung der Berliner Energiewende und für einen größeren Einfluss auf deren Ausgestaltung“, teilten die neuen Partner mit. Tuomo Hatakka, Chef der deutschen Vattenfall: „Das Zukunftsbündnis stärkt die positive Entwicklung der Gasag und schafft die Planungssicherheit, um das Unternehmen als starken Berliner Player erhalten zu können.“

Die zeitliche Platzierung der Bündnisvereinbarung einen Tag vor der Hauptversammlung ist kein Zufall. Formal rechtlich hat die neue Partnerschaft zwar keine Relevanz für die Sitzungen am Freitag, da die EU-Kommission noch zustimmen muss. Aber das Konsortium ist gewissermaßen der Beleg für die zunehmende Entfremdung der drei Gasag-Aktionäre, die sich auch an Personen festmacht. Der Energiemanager Gerhard Jochum, der unter anderem für EnBW und GDF arbeitete, leitet bislang den Gasag- Aufsichtrat. Er ist der Mann von GDF und Vattenfall und soll am Freitag wiedergewählt werden. Dagegen hat Eon Ewald Woste positioniert, an dessen Eignung es nach Stationen bei diversen Stadtwerken und an der Spitze des Branchenverbandes BDEW keine Zweifel gibt. Jedenfalls nicht auf Seiten der Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat, die mit den Eon-Vertretern für Woste stimmen will.

Das gilt auch für Karl Kauermann, der für das Land Berlin im Aufsichtsrat sitzt und dem eine ausgeprägte Abneigung gegenüber dem bisweilen arrogant auftretenden Jochum nachgesagt wird. Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat wollen Jochum loswerden, weil ihnen dessen „Tricksereien“ auf die Nerven gehen und weil er im vergangenen Jahr in der Auseinandersetzung um die Konzession eine unglückliche Figur machte. Trotzdem versuchte das neue Bündnis, die Arbeitnehmer noch auf seine Seite zu ziehen: Für Donnerstagabend luden die Gasag-Aufsichsräte Stefan Dohler (Vattenfall) und Erik von Scholz (GDF/Engie) die Arbeitnehmer-Aufsichtsräte in die Gasag-Zentrale. Dem Vernehmen nach waren die Reihen aber geschlossen, und die Arbeitnehmer wollten für Woste stimmen.

Sofern der überhaupt in den Aufsichtsrat kommt. Der Ablauf an diesem Freitag ist folgendermaßen: Gegen 8 Uhr beginnt der Tag mit Ausschussitzungen, dann trifft zum letzten Mal der alte Aufsichtsrat zusammen.Es folgt die Hauptversammlung mit der Wahl des neuen Aufsichtsrats und danach die erste Sitzung des Gremiums mit der Wahl des Vorsitzenden. Vor sechs Wochen war bekanntgeworden, dass Eon Woste ins Rennen schicken will. Seitdem haben Vattenfall und GDF Druck auf Woste gemacht und ihn aufgefordert zu erklären, dass er nicht für den Aufsichtsratsvorsitz zur Verfügung steht. Das ist immer noch möglich, denn gegen zwei von drei Eigentümern den Aufsichtsrat zu führen, ist auf Dauer schwierig und nicht gut für die Gasag. Aber was heißt schon auf Dauer?

Seit längerem wird über eine Veränderung in der Eigentümerstruktur spekuliert. Aktuell dementieren Vattenfall und GDF zwar jedes Verkaufsinteresse, doch womöglich hat die neue Konsortialvereinbarung vor allem den Zweck, den Verkaufspreis in die Höhe zu treiben. Der Wert des 31-Prozent-Anteils wurde bislang mit rund 400 Millionen Euro veranschlagt; das Land Berlin, aber auch Eon stehen als Käufer bereit. Doch das ist Zukunftsmusik. Die Personalentscheidungen am Freitag werden jedoch Weichenstellungen erkennen lassen. Und dabei sind dem Duo Vattenfall/GDF, was die Wahl Wostes anbelangt, die Hände gebunden. Normalerweise könnte die beiden ja mit ihrer 63 Prozent Mehrheit in der Hauptversammlung die Wahl von Woste in den Aufsichtsrat verhindern. Doch GDF hat eine Vereinbarung mit Eon, wonach man gegenseitig die Kandidaten in den Aufsichtsrat wählt.

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