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Die Deutsche Bank steht vor großen Veränderungen, auch personeller Art.

© imago/Westend61

Aufsichtsrat segnet Kapitalerhöhung ab: Die Deutsche Bank will den großen Aufbruch

Der Aufsichtsrat hat zugestimmt: Mit einer Kapitalerhöhung und dem Umbau des Konzerns will sich die Deutsche Bank nun von ihren Altlasten befreien.

Von Carla Neuhaus

Auf einmal geht alles ganz schnell. Bereits bis Anfang April soll die Kapitalerhöhung bei der Deutschen Bank durch sein. So sieht es der Plan vor, den der Aufsichtsrat am Sonntagnachmittag abgesegnet hat. Fast 700 Millionen neue Aktien will Deutschlands größtes Geldinstitut demnach ausgeben. Acht Milliarden Euro soll das einbringen. Dahinter steht ein grundsätzlicher Strategiewandel. Ein Wandel, von dem selbst der Aufsichtsrat überrascht worden sein soll, als er kurzfristig für Sonntag einberufen wurde. Bankchef John Cryan will offenbar allen Spekulationen über die Zukunft des Instituts endgültig ein Ende bereiten – und hat deshalb einen Plan vorgelegt, der es in sich hat.

Nicht nur will der Brite erst drei Jahre nach der letzten Kapitalerhöhung schon wieder neue Aktien ausgeben. Er baut gleich auch noch das Geschäft und den Vorstand um. Seine erste Grundsatzentscheidung: Die Postbank bleibt unter dem Dach der Deutschen Bank. Cryan hatte sie eigentlich verkaufen oder an die Börse bringen wollen. In den letzten Monaten ist sie deshalb bereits vom Konzern abgetrennt worden, was Millionen gekostet hat. Doch weil sich kein Käufer fand, der den verlangten Preis für die Postbank zahlen wollte, stoppt Cryan nun endgültig den Verkauf. Stattdessen soll jetzt ein Konzept erstellt werden, wie die Deutsche Bank mit ihrer Tochter künftig zusammenarbeiten soll. Noch im Laufe des Jahres will der Konzern es vorstellen. Klar ist schon jetzt: Die beiden dürften noch stärker zusammenrücken als früher. So heißt es, man wolle prüfen, wie man Zentralfunktionen und technische Systeme „wirtschaftlicher nutzen“ kann. Langfristig will die Deutsche Bank durch die engere Verzahnung mit der Postbank fast eine Milliarde Euro jährlich sparen. Ganz im Konzern untergehen dürfte das Tochterinstitut aber nicht, Cryan spricht von einer „Mehrmarkenstrategie“.

Cryan legt Plan B zum Postbank-Verkauf vor

Die Postbank zu behalten, ist eine Entscheidung, die der Bankchef an sich längst hätte treffen können. Das Problem war nur: Er brauchte einen Plan B. Schließlich hatte der Verkauf der Postbank Geld einbringen sollen, das die Bank braucht. Denn die Deutsche Bank muss ihr Kapital aufstocken, um auch 2018 noch den strenger werdenden Anforderungen der Aufseher zu genügen. Statt durch einen Verkauf der Postbank soll das nun durch die Ausgabe neuer Aktien gelingen. Und durch den Teilbörsengang der Vermögensverwaltung. Zusammen mit dem Verkauf anderer Geschäftsteile soll das weitere zwei Milliarden Euro einbringen. Die Vermögensverwaltung ist eine der lukrativen Sparten der Bank: Sie betreut die institutionellen Anleger und gibt unter der Marke DWS Publikumsfonds heraus.

Finanzvorstand Marcus Schenck rückt auf und wird Co-Vize-Vorstandschef.
Finanzvorstand Marcus Schenck rückt auf und wird Co-Vize-Vorstandschef.

© imago/Sven Simon

Doch Cryan will nicht nur frisches Kapital einsammeln. Er holt sich gleich auch noch Verstärkung. So macht er Christian Sewing, Chef des Privat- und Firmenkundengeschäfts, und den bisherigen Finanzvorstand Marcus Schenck zu seinen Stellvertretern. Sie werden also Co-Vize-Vorstandschefs – zwei Posten, die extra für sie geschaffen werden. Die beiden sollen Cryan entlasten, der mit der Bewältigung der Krisen der Vergangenheit und der Neuordnung des Konzerns mehr als genug zu tun hat. Zumal Cryan zusätzlich nun vorerst auch noch selbst die Leitung des US-Geschäfts übernimmt. Jeffrey Urwin, der dafür bislang verantwortlich war, muss gehen – möglicherweise eine Konsequenz aus den langwierigen Verhandlungen mit den US-Behörden über hohe Strafzahlungen.

Der Heimatmarkt soll gestärkt werden

Dass Cryan nun mit Sewing und Schenck Verstärkung in der Konzernführung bekommt, dürfte aber nicht nur an seinem Arbeitspensum liegen. Mit ihnen könnten vielmehr auch bereits zwei potentielle Nachfolger für den Briten aufgebaut werden, dessen Vertrag als Vorstandschef 2020 ausläuft. Noch dazu ist ihre Beförderung ein klares Bekenntnis zum Heimatmarkt, das gerade viele Unternehmer zuletzt bei der Deutschen Bank vermisst haben. Der Vorstand des Großinstituts ist schließlich mittlerweile sehr international besetzt – mit der Folge, dass die Bank inzwischen zu großen Teilen von London oder New York aus geleitet wird. Gerade Sewing steht dagegen für das bodenständige, deutsche Bankgeschäft– er erinnert zum Beispiel gerne an seine Banklehre in Bielefeld. Zusammen mit Schenck soll er Cryan nun helfen, bei der Deutschen Bank aufzuräumen.

Christian Sewing wird ebenfalls befördert und unterstützt Bankchef Cryan künftig als Co-Vize-Chef.
Christian Sewing wird ebenfalls befördert und unterstützt Bankchef Cryan künftig als Co-Vize-Chef.

© imago/Sven Simon

So kündigte das Institut dann auch am Sonntag an, das Geschäft neu zu sortieren. Cryan verspricht ein „vereinfachtes Geschäftsmodell mit nur drei Bereichen“. Damit kommt er dem Wunsch vieler Beobachter nach, die den Großkonzern zuletzt als viel zu komplex kritisiert haben. Die erste dieser drei Säulen umfasst das Privat- und Firmenkundengeschäft, in der auch die Postbank angesiedelt sein wird. Die zweite Säule soll das Investmentbanking bilden: Hat das Institut in diesem Bereich erst vor anderthalb Jahren das Beratungsgeschäft vom Handel getrennt, soll das nun wieder zu einer Einheit zusammengeführt werden. Stärker als früher soll sich dieser Bereich auf die Unternehmenskunden konzentrieren: also Firmen bei Börsengängen oder Fusionen begleiten statt spekulative Finanzprodukte aufzulegen. Der dritte Bereich soll weiterhin die Vermögensverwaltung bilden, an der die Deutsche Bank auch nach dem Teilbörsengang immer noch die Mehrheit halten wird.

Der Aufsichtsrat ist mit Cryans Plan zufrieden

„Unsere Entscheidungen sind ein wichtiger Schritt, um die Deutsche Bank stärker zu machen und wieder wachsen zu können“, sagte Cryan am Sonntag. „Mit unserer künftigen Struktur sollten wir bestens positioniert sein, um unsere Erträge und unseren Gewinn wieder steigern zu können.“ Den Aufsichtsrat konnte er mit seinem Plan überzeugen. Damit werde „eine solide Basis für nachhaltiges Wachstum gelegt“, sagte Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Die Anleger, die nun die Kapitalerhöhung schlucken müssen, will Cryan mit einer Dividende ködern. Nach zwei Jahren, in denen die Bank keinen Gewinn an die Anteilseigner ausgeschüttet hat, will er der Hauptversammlung im Mai eine Dividende von 19 Cent vorschlagen. Läuft alles wie geplant, ist die Kapitalerhöhung dann längst durch.

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