zum Hauptinhalt

Wirtschaft: „Aus Berlin können wir etwas machen“

WestLB-Chef Fischer sieht den Kauf der Bankgesellschaft Berlin als Prüfstein für die Sparkassen-Finanzgruppe

Herr Fischer, die WestLB hat die Weberbank gekauft. Sind Sie glücklich damit?

Glücklich sind Banker selten. Aber wir sind nicht in irgendeiner Weise überrascht. Die Dinge entwickeln sich so, wie wir es erwartet haben.

Wie?

Die Integration auf allen Ebenen geht rasch und harmonisch voran, der auch formale Abschluss der Transaktion steht kurz bevor, und die Rückkehr in das Private Banking in Nordrhein-Westfalen unter der Marke Weberbank wird auch nicht lange auf sich warten lassen.

Warum wollten Sie denn das Firmenkundengeschäft der Weberbank nicht haben?

Weil die Art und Weise, wie wir das hätten übertragen müssen, Probleme verursacht hätte. Das ist der einzige Grund. Wir brauchten das gehobene Privatkundengeschäft. Diese Lücke haben wir maßgeschneidert geschlossen. Jetzt haben wir das wieder, was wir mal aufgegeben haben und können es wachsen lassen. Anlaufkosten gibt es natürlich. Auf die ersten Gewinne werden Sie aber nicht lange warten müssen.

Sind bei dem Geschäft mit vermögenden Privatkunden weitere Zukäufe denkbar? Trinkaus & Burkhardt ist ja im Gespräch.

Das heißt ja nicht, dass wir das Thema ins Gespräch bringen. Trinkaus & Burkhardt ist eine gute Bank – das ist alles, was ich mal gesagt habe.

Sie haben auch gesagt, dass es mit dem Frieden vorbei sei, wenn andere Landesbanken bei diesem Institut vor Ihrer Haustür einsteigen.

So ist es. Dann ist es mit dem Frieden vorbei.

Was heißt das?

Es gibt etwas, das nennt sich Organisationsfrieden. Das ist ein nicht zu überschätzender Wert. Mit der Weberbank haben wir den Frieden nicht gebrochen, denn Käufer und Verkäufer – beide öffentlich-rechtlich – waren sich einig. Die Bankgesellschaft Berlin konnte die Weberbank nicht mehr gebrauchen, sie sollte auch nicht an Private gehen, deswegen haben wir sie übernommen. Wenn eine Landesbank außerhalb ihres Territoriums eine solche Geschäftsbank gründet mit all den Feldern, die wir uns zurechnen, ist das kein friedlicher Schritt. Man muss uns zwar nicht fragen, da hat der Kollege Siegfried Jaschinski von der Landesbank Baden-Württemberg völlig Recht. Aber ich muss auch nicht erfreut sein.

Berlin rückt mit dem Verkauf der Bankgesellschaft, der 2007 abgeschlossen sein muss, wieder ins Blickfeld der WestLB.

Noch hat die WestLB nicht mal im Ansatz ventiliert, wie sie sich verhalten wird. Das können wir ohne eine intensive Diskussion mit unseren Eigentümern gar nicht. Aber ich gehe fest davon aus, dass der öffentlich-rechtliche Sektor in Berlin antritt, um in dem Verfahren, das uns die EU vorgeschrieben hat, eine Bewerbung abzugeben. Dabei geht es insbesondere um den Teil, hinter dem die vielen Kunden stehen. Die Hauptstadt darf nicht sparkassenfrei sein.

Eine Bewerbung um anzutreten oder zu gewinnen?

Eine Pro-Forma-Offerte ist abwegig. Wir werden kein Gebot abgeben, mit dem wir keine Chance haben.

Wie könnte ein Verbund von Bietern aussehen?

Diese Diskussion ist noch überhaupt nicht geführt worden. Es ist nicht mal klar, wo man sie führen sollte. Wer auch immer bietet, muss je nach Unternehmensverfassung alle vorher fragen, die dazu etwas zu sagen haben. Diese Art von Beteiligungsabsicht muss auf jeden Fall durch die Gremien abgesegnet sein. Bei uns und bei den anderen eben auch. Dabei geht es nicht um die Bankgesellschaft als Ganzes, sondern um mehrere Teile, um die Frage, wer das eine nimmt und wer das andere. Dieser Prozess ist in jeder Hinsicht delikat.

Angebote für einen Teil der Bankgesellschaft, nämlich für die Berliner Bank, müssen bis zum 9. Dezember vorliegen. Halten Sie es da auch für wichtig, dass ein öffentlich-rechtlicher Bieter zum Zuge kommt – die WestLB wird es ja nicht sein, oder?

Auch hier gilt unser generelles Interesse an einer angemessenen Vertretung des öffentlich-rechtlichen Sektors in der Hauptstadt unseres Landes. Wie dies umgesetzt werden kann, muss heute offen bleiben.

Und beim Rest der Bankgesellschaft könnte am Ende stehen, dass es keine Verbundlösung gibt, sondern die WestLB ein eigenes Gebot abgibt?

Das hängt davon ab, ob unsere Eigentümer eine Chance sehen, dass wir das alleine stemmen. Aber nochmals: Es wäre höchst bedauerlich, wenn der Verbund daran scheitert, dass wir nicht in der Lage sind, unsere Kräfte zu bündeln. Ich gehe davon aus, dass wir eine anständige Figur machen werden.

Bis wann muss eine Entscheidung gefallen sein? Bis zum Jahresende?

Ich will keinen unnötigen Druck aufbauen. Je bälder, desto besser.

Wie wichtig ist die Bankgesellschaft für den öffentlich-rechtlichen Sektor?

Ich warne davor, das Thema zu unterschätzen. Wir haben keine großzügige Refinanzierung wie in der Vergangenheit, und die EU-Kommission lässt keinen Zweifel daran, dass sie alle ihre Vorgaben in aller Konsequenz umgesetzt sehen will. Unter diesen erschwerten Bedingungen müssen wir beweisen, dass hinter 50 Prozent Marktanteil, hinter der geballten Kapitalkraft der Sparkassen-Finanzgruppe nicht nur eine statistische Addition steht, sondern tatsächliche Größe. Wenn Berlin schief geht, zerfällt der öffentlich-rechtliche Sektor in regionale Blöcke.

Nun ist Berlin nicht gerade der Standort, der durch Wirtschaftskraft glänzt.

Sie haben Recht. Aber aus der reinen Ballung der Kunden können wir etwas machen. Zwei Millionen Sparkassenkunden sind ein Wort. Und es stimmt zwar, dass die Kunden insgesamt sehr preissensibel sind, dass sie kaum anlegen und wir unter dem Angriff der Direktbanken leiden. Nur wird diese Lage nicht besser dadurch, dass wir den Berliner Markt aufgeben. Was auch immer vorher schwierig war, würde dann mit Sicherheit nicht besser.

Seit Jahren heißt es, nun komme die Bankenkonsolidierung, bisher kam sie nicht.

Es gibt leider keinen großen runden Tisch, an dem wir alle besprechen, wie wir vernünftigerweise unseren Kram zusammenlegen. Sondern es gibt Absagen von denen, die sich auch allein stark genug fühlen, und es gibt eine Koalition der Wollenden, die kooperieren. So wie wir dies mit NordLB und Sachsen LB jetzt eingeleitet haben.

Wollen Sie nicht mehr?

Es ist nicht entscheidend, was ich will. Erheblich ist, was alle Beteiligten gemeinsam fertig bringen. Wenn der Wille zu einer Konsolidierung der Landesbanken keine Anhänger findet, dann muss man das Beste daraus machen. Wir sind noch nicht alle gleich weit. Wir sind wesentlich weniger homogen, als man landläufig dachte. Eines ist sicher: Dass einer von uns loszieht und sich einen anderen untertan macht, ist undenkbar. Das wird im Konsens funktionieren oder gar nicht. Horizontal, vertikal, Mutter-Tochter, das geht alles überhaupt nur, wenn sich alle einig sind.

Wie strategisch sinnvoll ist Ihr 27-Prozent-Anteil an der HSH Nordbank noch, nachdem eine Übernahme nicht klappte?

Wir müssen fragen, ob die Strategien der beiden Häuser noch so kompatibel sind, wie sie es möglicherweise mal waren. Das werden wir zum Ende des Jahres prüfen und dann dementsprechend verfahren. Es geht um eine nicht unerhebliche Bindung von Kapital, um unseren größten einzelnen Posten, und der spielt bei unserem Rating als Abzugsposten eine gewichtige Rolle. Die Beteiligung an der HSH Nordbank hat uns bei der Abwicklung des Beihilfestreits mit der EU richtig Geld gekostet. Über das Finanzielle hinaus muss auch ein Sinn einer solchen Beteiligung erkennbar sein. Sonst werden meine Aktionäre unruhig, und das kann ich verstehen. Darüber hinaus gibt es bei solchen Beteiligungen immer wieder komplexe Themen, etwa bei der Präsenz in den USA oder bei der Umsetzung von Basel II. Die Ansprüche an solche Beteiligungen steigen. Früher mit der Staatsgarantie war das anders, aber heute muss man das ganz genau kalkulieren.

Das Gespräch führte Moritz Döbler

-

Zur Startseite