zum Hauptinhalt

Wirtschaft: Aus eins mach vier

Warum eine Investorengruppe den amerikanischen Medienkonzern Time Warner zerschlagen will

New York/Berlin - Über die Zukunft des amerikanischen Medienkonzerns Time Warner wird im Mai entschieden: Dann findet die nächste Aktionärsversammlung statt, und dann wird sich zeigen, ob es ein Happy End gibt oder ob das Unternehmen gevierteilt wird. Bis dahin haben beide Seiten Zeit, ihre Truppen zu sammeln. Es treten an: Konzernchef Richard D. Parson, der Time Warner zusammenhalten will, und der milliardenschwere Investor Carl Icahn.

Icahn führt eine Investorengruppe an, die Time Warner zerschlagen will: in das Film- und Fernsehgeschäft mit den Studios Warner Brothers und den Sendern CNN und HBO, in den Onlinedienst AOL, in den Zeitschriftenverlag Time und in die Kabelsparte. Denn die einzelnen Sparten seien nach der Spaltung zusammen deutlich mehr wert als der Gesamtkonzern, besagt eine Studie, die Icahn in Auftrag gegeben hat. Demnach könnte der Gesamtwert des Konzerns von derzeit rund 86,5 Milliarden Dollar um über 50 Prozent gesteigert werden.

Die Zerschlagung wäre spektakulär. Erst vor fünf Jahren war Time Warner von dem Internetkonzern AOL übernommen worden – die bis dahin größte Fusion in der amerikanischen Unternehmensgeschichte. Doch das vermeintlich wegweisende Modell „Neu schluckt Alt“ scheiterte. Bis heute arbeitet das Management daran, aus Time Warner ein integriertes Medienunternehmen zu machen.

Investor Icahn glaubt nicht, dass die jetzige Konzernführung dieses Ziel erreichen wird – und deswegen soll das Management ausgetauscht werden. Icahns Angriffsstrategie: Den Verwaltungsrat per Kampfabstimmung mit eigenen Kandidaten besetzen und dann die Aufspaltung durchpauken. Icahn hält zusammen mit Hedge-Fonds etwa 3,3 Prozent an Time Warner. Das ist nicht viel, er hat aber den Ruf, mit seinen Kampagnen Kursänderungen in Unternehmen durchsetzen zu können. Dazu muss er weitere Aktionäre überzeugen. Bei einem großen institutionellen Anleger soll ihm das schon gelungen sein – dem Fonds Capital Research, mit fünf Prozent der größte Anteilseigner und einflussreicher Medieninvestor. Das könnte Signalwirkung haben. Auch der Investmentfonds der Königsfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate soll auf seiner Seite sein. „Das ist der klassische Heuschreckenansatz“, sagt Klaus Goldhammer von der Unternehmensberatung Goldmedia. „Die Hedge-Fonds um Icahn wollen nach der Aufspaltung verkaufen und einen Mehrwert erzielen.“

Sollte Icahn sich durchsetzen, würde Richard Parsons, seit 2002 Vorstandschef von Time Warner, seinen Job verlieren. Aber auch Parsons hat sich Verbündete gesucht. Laut Medienberichten konnte er die Banken Goldman Sachs und Bear Stearns gewinnen. Beide Häuser haben Erfahrung in der Auseinandersetzung mit Aktionären. Rupert Murdoch, Chef und Großaktionär des Time- Warner-Wettbewerbers News Corp, hat sich ebenfalls hinter Parson gestellt. Die Struktur seines Unternehmens ist mit der von Time Warner vergleichbar – News Corp vereinigt auch die Sparten Film, Fernsehen, Verlag und Internet unter einem Dach.

Dennoch, es könnte eng für Parsons werden. „Das Management wird es schwer haben, eine bessere Vision als Icahn zu liefern“, sagt Unternehmensberater Goldhammer. Bisher zumindest ist die Verteidigung der Time-Warner-Spitze eher mau: „Wir sind auf dem richtigen Weg“, ist alles, was sie ihren Aktionären versprechen kann.

Die Studie zur Konzernaufspaltung ist der Höhepunkt der Angriffsstrategie von Icahn. Seit langem kritisiert er den stagnierenden Aktienkurs des Medienkonzerns. Erstellt hat das 300-Seiten-Papier die Wallstreet-Bank Lazard. Darin heißt es, Parsons habe die Internetsparte AOL vom Marktführer zum „Mitläufer“ heruntergewirtschaftet. Weder habe er Synergien mit dem Kabelnetz aufgebaut, noch AOL für das Breitbandzeitalter vorbereitet.

Die Diskussion um die Zukunft von Time Warner läuft, seitdem AOL im Jahr 2000 eingestiegen ist. Time Warner war damals der zweitgrößte Kabelnetzbetreiber und verfügte über 20 Millionen Kunden, zwei große Filmstudios, Kabelkanäle, Musikproduktion und etwa 40 Zeitschriften. AOL hatte 26 Millionen Nutzer. Die Manager träumten davon, mit „AOL Time Warner“ das größte Medienhaus der Welt zu schaffen.

Daraus wurde nichts. Das Kartellamt verfügte, die Kabelnetze auch Wettbewerbern zugänglich zu machen. 2002 wies der Konzern dann ein Minus von 98,7 Milliarden Dollar aus – der höchste Nettoverlust der US-Wirtschaftsgeschichte. Kurze Zeit später strich das Management dann AOL aus dem Konzernnamen. Nun wird sich entscheiden, ob aus einem Firmenschild vier werden.

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false