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Wirtschaft: Aus Otto wird Schrader

Führungswechsel im Hamburger Versandkonzern – und ehrgeizige Ziele

Berlin - Dass es nicht irgendein beliebiger Führungswechsel ist, der in Hamburg ansteht, zeigt schon der Blick auf die Gästeliste. Da gibt sich Bundespräsident Horst Köhler die Ehre, kommt Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust vorbei, nimmt sich auch der greise Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt Zeit, um dabei zu sein, wenn Versandhauskönig Michael Otto den Sessel räumt.

Fast 26 Jahren stand der 64-Jährige an der Spitze des Hamburger Familienkonzerns, den sein Vater gegründet hatte. Der Senior kann zufrieden sein: Im Juni hatte Michael Otto das beste Jahresergebnis der Firmengeschichte vorgelegt, der Gewinn war auf eine halbe Milliarde Euro gestiegen. Und glanzvoll war auch der Abschied. Rund 350 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur hatte der Unternehmer und Mäzen am Donnerstagabend zur Gala in den Börsensälen der Handelskammer Hamburg geladen.

Führungswechsel sind beim Hamburger Weltkonzern Otto ein höchst seltenes Ereignis. Wenn Hans-Otto Schrader auf dem Chefsessel Platz nimmt, wird er erst der vierte Otto-Chef in der bald 60-jährigen Unternehmensgeschichte sein. Nur ein einziges Mal hatte vorher ein familienfremder Manager das Unternehmen geführt: Zwischen dem Gründer Werner Otto und seinem ältesten Sohn Michael regierte von 1966 bis 1981 Günter Nawrath das Unternehmens. Der Senior, der heute 98-Jahre alt ist und in Berlin lebt, hatte sich nach einem Herzinfarkt anderen unternehmerischen Aktivitäten zugewandt.

Als Michael Otto die Spitze übernahm, hatte das Unternehmen gerade die Umsatzschwelle von einer Milliarde-D-Mark geschafft. „Da ist es natürlich schön, wenn wir jetzt den gleichen Betrag als Gewinn haben“, hatte der Chef bei der Bilanzvorlage im Juni gesagt. Der Umsatz des Konzerns mit 53 000 Mitarbeitern belief sich zuletzt auf 15,3 Milliarden Euro, rund ein Viertel stammt inzwischen aus dem Online-Handel.

Die Gruppe ist noch immer vor allem als Versandhandel bekannt, hat sich aber längst zu einem weltweiten Handels- und Dienstleistungskonzern entwickelt. Neben dem Hamburger Stammhaus Otto gehören dazu Versandhändler wie Heine, Schwab und Baur, Einzelhandelsketten wie Sport-Scheck und Zara-Deutschland, der Finanzdienstleister Eos und die Logistik-Gruppe Hermes.

Diesen Kurs soll auch sein Nachfolger Schrader weiter fortführen, wenn Otto zum 1. Oktober in den Aufsichtsrat wechselt. Die Vorgaben hat er klar definiert: Im Jahr 2020 soll der Konzern die „renditestärkste global agierende Gruppe von Einzelhändlern und handelsnahen Dienstleistern sein“. Vor allem der Online- und stationärer Einzelhandel sollen weiter ausgebaut werden. Das Fundament sei gelegt, die Gruppe bestens für die Zukunft gerüstet, sagte er.

Schrader kann sich schon jetzt auf eine lange Amtszeit einstellen. Die nächste Generation hat es nicht eilig. Otto-Tochter Janina engagiert sich sozial und strebt nicht in die Firma. Sohn Benjamin ist 32 und hat in Berlin erfolgreich ein eigenes Unternehmen gegründet. Er soll und will zwar mittelfristig beim Konzern einsteigen, der Zeitpunkt ist jedoch völlig offen.

Sein Vater hat angekündigt, als Aufsichtsratschef künftig weniger als die Hälfte seiner Arbeitszeit mit dem Unternehmen zu verbringen und sich dafür mehr seiner Umweltstiftung und der Hamburger Kultur zu widmen. Aus dem operativen Geschäft will er sich heraushalten, aber eine Schlüsselfigur bleibt er. „Ich werde ein aktiver Vorsitzender sein“, sagt Otto. „Das bringt schon die Rolle des Hauptgesellschafters mit sich.“

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