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Im April 2013 stürzte eine Textilfabrik in Bangladesch ein.

© AFP

Ausbeutung im Textilgeschäft: Regierung will Siegel für faire Kleidung

Vor einem Jahr stürzte in Bangladesch eine Textilfabrik ein. Mehr als 1000 Menschen starben. Nun sollen die Hersteller mehr Verantwortung zeigen. Die jedoch sind skeptisch.

Von Maris Hubschmid

Ein Siegel für ein besseres Gewissen: Noch in diesem Jahr will Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) ein Zertifikat einführen, das garantiert, dass bei der Herstellung eines Kleidungsstücks bestimmte Standards eingehalten wurden. Dies bestätigte sein Ministerium am Montag. Sowohl soziale als auch ökologische Normen sollten dafür berücksichtigt werden, erläuterte der Politiker in einem Fernsehinterview.

Schon kommende Woche will Müller demnach die Textilwirtschaft zu einem runden Tisch bitten. Geplant sei zunächst eine „Selbstverpflichtung“, sollte das nicht funktionieren, wolle er „einen gesetzlichen Rahmen vorgeben“.

Menschenrechtsorganisationen fordern seit langem eine Erhöhung des politischen Drucks auf Modeanbieter, die in Ländern wie Bangladesch und Indien produzieren lassen. Ende April jährt sich der Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch, bei dem 1127 Menschen starben.

Textilverband: Gibt schon viele Zertifizierungen

Müllers Parteikollege Jürgen Klimke, Obmann der CDU/CSU-Fraktion für unternehmerische Sozialverantwortung im Entwicklungsausschuss, sagte dem Tagesspiegel: „Wir sind seit längerem in Gesprächen mit Branchenverbänden und Unternehmen.“ Am dringendsten sei es, sich auf Rahmenbedingungen wie „Pausenzeiten, Sanitäranlagen, gute Beleuchtung und eine tägliche Höchststundenzahl“ zu verständigen.

Beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie reagierte man zurückhaltend auf den Vorstoß. Es gebe bereits eine Vielzahl von Zertifizierungen, teilte der Verband mit, etwa der BSCI (Business Social Compliance Initiative), die sich an den Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation, ILO, orientiert. „Der Nutzen eines zusätzlichen Siegels ist eher fraglich“, heißt es in einer Stellungnahme. An einer Zusammenarbeit mit dem Ministerium sei man gleichwohl interessiert. Bereits im Januar habe man ein Gespräch angeregt, das „auf Wunsch des Ministeriums im Juni stattfinden wird“.

Deutschlands Textil- und Bekleidungsindustrie ist mit rund 1200 Unternehmen und 400 000 Beschäftigten im In- und Ausland die zweitgrößte Konsumgüterindustrie. Namhafte Anbieter sind zum Beispiel Esprit, Falke, Puma, Schiesser und Gerry Weber.

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