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Wirtschaft: Ausgaben für Medikamente steigen

Die Bevölkerung altert. Daher werden mehr Pillen gegen Bluthochdruck und Diabetes verschrieben, rechnet die Pharmaindustrie vor

Berlin – Die Pharmaindustrie erwartet, dass wegen der alternden Bevölkerung und der Ausbreitung der Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Diabetes der Verbrauch von Arzneimitteln und die Ausgaben dafür weiter steigen werden. Allein im vergangenen Jahr seien die Umsätze um 1,2 Milliarden Euro im Vergleich zum Vorjahr geklettert, sagte Bertram Häussler, Gesundheitsexperte und Chef des Berliner IGES-Instituts, am Donnerstag bei der Vorstellung des „Arzneimittel-Atlas 2007“. Auftraggeber war der Verband forschender Arzneimittelhersteller (VFA). „Die Tendenz nach oben gibt es schon seit Jahren“, sagte Häussler. Auch 2007 und 2008 sei mit einem Verbrauchs-Anstieg zu rechnen.

Dem Plus beim Medikamentenverbrauch stünden aber Einsparungen in Höhe von knapp 600 Millionen Euro gegenüber, sagte Häussler. Dazu beigetragen hätten etwa die Verschreibung größerer Packungen, ein höherer Anteil von Parallelimporten aus dem Ausland, mehr Nachahmermedikamente sowie Preissenkungen. „Das Arzneimittelspargesetz hat über die Preise gewirkt“, sagte Häussler.

Im vergangenen Jahr hatten die gesetzlichen Krankenkassen mehr als 25 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben. Mit zwei Prozent lag der Zuwachs aber deutlich unter den Werten des Vorjahres (siehe Grafik). Wesentlicher Grund für den gedämpften Ausgabenanstieg war das Arzneimittelsparpaket, das im Frühjahr 2006 in Kraft getreten ist.

Doch nach dem ersten Halbjahr sieht es so aus, als würde die Wirkung nachlassen. Die Ausgaben stiegen nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums wieder um drei Prozent. Die Mehrwertsteuererhöhung, die im Januar in Kraft getreten ist, sei dabei noch nicht berücksichtigt. Gesundheitsstaatssekretärin Marion Caspers-Merk wertete die Reform trotzdem als Erfolg: Ohne die Maßnahme hätte der Ausgabenzuwachs im ersten Halbjahr nicht bei drei, sondern bei neun Prozent gelegen, sagte die SPD-Politikerin.

Der Arzneimittel-Atlas zeigt, dass vor allem bei Arzneimitteln gegen Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder zu hohe Cholesterinwerte der Verbrauch kräftig angestiegen ist. Wurden 1996 noch acht Millionen Patienten mit Mitteln gegen Bluthochdruck behandelt, waren es im vergangenen Jahr schon 15 Millionen. Auch bei Spezialmedikamenten gegen schwere Krankheiten wie Krebs, Rheuma oder Multiple Sklerose, die etwa ein Drittel des Arzneimittelumsatzes ausmachen, ist der Verbrauch kräftig gestiegen. Mit diesen Produkte verdient die Pharmaindustrie, sofern sie noch dem Patentschutz unterliegen, am meisten Geld, den Krankenkassen liegen sie dagegen schwer auf der Tasche. Der Pharma-Verband VFA warnte gestern vor neuen Sparauflagen.

Bei den Arzneimittelausgaben gibt es große regionale Unterschiede, auch das zeigt der Atlas. So waren die Ausgaben in Berlin mit 446,21 Euro pro Versichertem am höchsten, in Bayern mit 346,93 Euro pro Kopf dagegen am niedrigsten. Außerdem wurden im Osten Deutschlands mehr Medikamente verbraucht als im Westen. In den Neuen Bundesländern lagen die Ausgaben pro Versichertem 2006 bei über 425 Euro, im Westen dagegen 55 Euro niedriger. Die Autoren erklären das damit, dass es im Osten mehr ältere und kränkere Menschen gibt.

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