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Wirtschaft: Ausgebremst

Endspurt für Bernie Ecclestone: Banken und Autokonzerne wollen mehr Macht in der Formel1

Manchmal denkt Bernie Ecclestone nicht ans eigene Geld. Vor acht Tagen zum Beispiel, da gab sich der Milliardär und mächtigste Mann des Formel1-Geschäfts ganz selbstlos: Bei der 9.Kitz Charity Trophy, einem Wohltätigkeits-Ski-Rennen im österreichischen Kitzbühel, rodelte der 74-Jährige im Cockpit eines Rennschlittens für einen guten Zweck die Piste hinunter. Im dichten Schneetreiben war für Ecclestone die Welt noch in Ordnung. Denn die Veranstalter hatten ihm die Rolle zugeteilt, die der Brite immer beansprucht – die des Rennleiters.

Im echten Rennzirkus allerdings, dem milliardenschweren Formel1-Geschäft, ist Ecclestones Machtanspruch ins Wanken geraten. Glaubt man Insidern, dann könnte der „Diktator“, wie ihn manche nennen, in Kürze gezwungen werden, sein in Jahrzehnten errichtetes Imperium aufzuteilen. „Was heute in diesem Geschäft zählt, kann morgen schon nicht mehr gelten“, sagte ein mit den Verhältnissen Vertrauter dem Tagesspiegel am Sonntag. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Ecclestones Reich bröckelt.“

Eine Schlüsselrolle haben dabei die Großbanken Bayerische Landesbank, JPMorgan Chase und Lehman Brothers sowie die fünf Autohersteller Mercedes, BMW, Renault, Toyota und Honda. Sie sind in dieser Woche vor einem Londoner Gericht und mit der Gründung eines neuen Bündnisses ihrem Ziel ein gutes Stück näher gekommen: Mehr Einfluss auf die Formel1-Vermarktungs-Holding Slec zu bekommen – die Geldmaschine, die Ecclestone steinreich gemacht hat.

Es geht um gut eine Milliarde Dollar, die die Slec und ihre Untergesellschaften jedes Jahr mit TV-Lizenzen, Bandenwerbung und Antrittsgeldern der Streckenbetreiber kassiert. 300 Millionen Dollar sollen davon 2004 als Gewinn übrig geblieben sein – ein Großteil davon landete auf Ecclestones Konten in den Steuerparadiesen Jersey und Liechtenstein.

Teilhaber der Slec sind zu 75 Prozent die Banken. Sie haben die Anteile, die mit rund zwei Milliarden Euro bewertet werden, nach der Pleite des Medienunternehmers Leo Kirch geerbt. Doch die Anteilsmehrheit der Banken zählte bislang wenig im Formel1-Geschäft. Denn Ecclestone, der die restlichen 25 Prozent über seinen Familien-Trust Bambino hält, kontrolliert die operativen Slec-Teile – die Formula One Administration (FOA) und Formula One Management (FOM), wo das Geld gesammelt und verteilt wird.

Das könnte sich bald ändern. Schon im Mai, so entschied am vergangenen Montag ein Richter am Londoner High Court of Justice, soll vor Gericht befunden werden, wie der Zugriff der Banken auch auf das Management von FOA und FOM vergrößert werden kann. „Die Chancen stehen gut“, sagte ein Insider dem Tagesspiegel und verweist auf einen Londoner Gerichtsbeschluss vom Dezember, der den Banken bereits mehr Einfluss auf Ecclestones Dachgesellschaft zusprach.

Das Interesse der Geldinstitute ist klar definiert. Sie wollen nicht nur mitverdienen, sondern irgendwann ihren Formel1-Anteil möglichst teuer verkaufen. Und hier könnten die Autokonzerne ins Spiel kommen, die als Käufer des Slec-Paktes gehandelt werden und mit dem Start einer eigenen Rennserie drohen, sollte Ecclestone sich nicht bewegen. Doch der hielt die Autofürsten bisher kurz – und spielte sie geschickt gegeneinander aus.

Sein jüngster Coup: Gegen geschätzte 100 Millionen Dollar Sonderzahlung kaufte Ecclestone vor zehn Tagen Weltmeister Ferrari aus der Front der Gegenspieler heraus. Angeblich machte er Ferrari-Chef Luca di Montezemolo dabei die Zusage, dass Ferrari künftig an den Einnahmen stärker beteiligt wird. Der Hintergrund: Ecclestone muss sich mit den Teams, Herstellern und dem Automobilverband FIA auf ein neues Concorde Agreement – quasi das Grundgesetz der Formel1 – einigen. Das alte Abkommen endet 2007. Der Deal mit Ferrari, so die Hoffnung von Eccelstone, könnte die anderen Autokonzerne weich machen.

Doch bei den Ecclestone-Gegnern in der Herstellerorganisation Grand Prix World Championship (GPWC) wird das Verhalten von Ferrari zwiespältig gesehen. Einerseits schwächt der Seitenwechsel der Italiener die GPWC. Andererseits stehen nun Toyota und Honda neben Mercedes, BMW und Renault. „Die Japaner spüren, welche Spielchen gespielt werden“, sagt ein Insider. Am Donnerstag veröffentlichten die fünf Hersteller eine gemeinsame Erklärung, in der sie eigene Ziele für die Formel1 formulierten. Im Kern geht es um Transparenz – und Geld. Die GPWC, die Ex-Mercedes-Chef Jürgen Hubbert leitet, wertet die Unterschrift der Japaner als „Riesenschritt“ und schließt nicht aus, dass Honda und Toyota Mitglied der GPWC werden. Die Drohung einer eigenen Rennserie steht dabei weiter im Raum: „Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren“, sagte ein GPWC- Sprecher. Ende Februar werde ein Business-Plan vorgelegt, spätesten 2008 soll die neue Serie starten – wenn Ecclestone den Herstellern nicht entgegenkommt.

Verliert der „Diktator“ aber gegen die Banken, muss er wohl auch bei den Autobossen einlenken. Denn die Geldhäuser würden die Slec neu ordnen. „Je mehr Chaos es gibt, desto stärker ist Ecclestone“, sagt ein GPWC-Sprecher. Die Banken, da ist sich ein Insider sicher, „können ihn abschießen“. BayernLB-Vorstand Gerhard Gribkowsky hatte im Dezember die Marschrichtung schon vorgegeben: „Wir lassen uns nicht länger in eine Rolle drängen, in der wir das Eigenkapitalrisiko tragen, jedoch nichts zu sagen haben“, sagte er in einem Interview. „Wir können mit stärkeren Muskeln auftreten als bisher.“

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