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Wirtschaft: Ausgeglichener Staatshaushalt in Sicht

Der Aufschwung lässt die Einnahmen des Fiskus sprudeln. Die FDP ruft schon nach Steuersenkungen

Berlin - Der starke Wirtschaftsaufschwung könnte nach Ansicht von Experten schon im nächsten Jahr zu einem ausgeglichenen Staatshaushalt führen. Dies ist in den vergangenen 40 Jahren erst fünf Mal gelungen. Grund sind vor allem die hohen Steuereinnahmen. Nach einer ersten Rechnung aus dem Arbeitskreis Steuerschätzung, der im Mai seine Prognose vorlegen soll, winken Bund, Ländern und Kommunen in den kommenden vier Jahren bis zu 80 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen.

„Der gesamtwirtschaftliche Haushaltsausgleich rückt in greifbare Nähe“, sagte Gustav Horn, Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in gewerkschaftsnahen der Hans-Böckler-Stiftung, am Dienstag in Berlin. Mit etwas Glück könne es schon 2008 so weit sein. Offiziell prognostiziert das IMK zwar ein Defizit von 0,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (siehe Grafik). „Es kann aber genauso gut sein, dass wir bei null landen“, sagte Horn. Grund für die höheren Einnahmen ist vor allem das starke Wirtschaftswachstum. Das IMK korrigierte seine Prognose für das laufende Jahr von 1,3 Prozent auf 2,2 Prozent nach oben. Die Zahl der Arbeitslosen soll im Jahresdurchschnitt auf 3,77 Millionen zurückgehen. 2008 werde man „in Einzelmonaten durchaus die Drei-Millionen-Grenze streifen“, sagte Horn.

Auch Rolf Schneider, Leiter der Volkswirtschaftsabteilung der Dresdner Bank, hält einen ausgeglichenen Staatshaushalt 2008 für realistisch. „Mit etwas mehr Ausgabendisziplin müsste es möglich sein, das Defizit im nächsten Jahr auf null zu fahren“, sagte er dem Tagesspiegel. Bei der Frage, wie der Steuersegen verwendet werden soll, gehen die Meinungen auseinander. Die Politik gewinne durch die steigenden Einnahmen Freiräume, sagte Wirtschaftsforscher Horn. Diese müsse sie zu mehr öffentlichen Investitionen und Umschichtungen im Bundeshaushalt nutzen. Dabei gehe es vor allem um die Bereiche Bildung, Familie und Infrastruktur. „Wir brauchen mehr Lehrer“, sagte Horn. Auch die Schulräume müssten so gestaltet werden, dass sie den Anforderungen der Ganztagsschule gerecht würden. Zudem könne mit einem Teil der Mehreinnahmen auch der Ausbau der Kinderbetreuung finanziert werden.

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, warnte dagegen vor weiteren Ausgaben. Zusätzliche Steuereinnahmen müssten zur Reduzierung des Defizits verwendet werden, sagte er dem Tagesspiegel: „Solange wir ein strukturelles Defizit von 32 Milliarden Euro haben, verbietet sich jeder Gedanke an zusätzliche Ausgaben.“

FDP-Vize Rainer Brüderle forderte Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zu Steuersenkungen auf. „Statt sich jetzt Gedanken über neue Ausgabenprogramme zu machen, sollte Herr Steinbrück die Mehreinnahmen an die Steuerzahler zurückgeben und im Bundeshaushalt endlich konsequent sparen“, sagte Brüderle dem Tagesspiegel. Den privaten Haushalten werde durch die Mehrwertsteuererhöhung, die Reichensteuer und das Kürzen von Steuervergünstigungen massiv Kaufkraft entzogen, kritisierte der FDP-Politiker. „Jetzt muss eine Einkommensteuerreform für Mittelstand und Arbeitnehmer kommen.“

Das Finanzministerium sieht freilich wenig Spielräume. Allein für den Bund beziffert es die zusätzlichen Haushaltsrisiken bis 2011 auf rund 50 Milliarden Euro. In Regierungskreisen heißt es, ein ausgeglichener Staatshaushalt sei wohl erst im Jahr 2010 zu erreichen.

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