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Wirtschaft: Ausländer unerwünscht

Südafrika kündigt Investitionsvertrag mit Deutschland – zum eigenen Schaden.

Kapstadt - Südafrika hat als Investitionsstandort zuletzt stark an Glanz verloren: Verantwortlich dafür sind vor allem die aus dem Ruder gelaufenen Streiks, die gerade erst den Münchner Automobilhersteller BMW bewogen haben, seine jüngsten Investitionspläne am Kap auf Eis zu legen. An der Substanz des Landes nagt neben der rapide wachsenden Schuldenlast aber auch eine ermüdende Verstaatlichungsdebatte, die von den militanten und mit der ANC-Regierung verbündeten Gewerkschaften forciert wird.

Kein Wunder, dass die direkten Auslandsinvestitionen im vergangenen Jahr um fast ein Viertel auf nur noch 4,6 Milliarden US-Dollar geschrumpft sind und das Wirtschaftswachstum 2013 nur bei mickrigen zwei Prozent liegen dürfte – weit unter den sechs Prozent, die mindestens notwendig wären, um die hohe Arbeitslosigkeit und Armut am Kap zu verringern.

Umso mehr überrascht, dass Südafrika vor dieser trüben Kulisse nun auch noch das 1994 geschlossene Investitionsschutzabkommen mit Deutschland einseitig gekündigt hat. Zuvor hatte die Kaprepublik dies bereits mit Belgien, Luxemburg und Spanien getan, doch spielt Deutschland als zweitgrößter Handelspartner und größter Direktinvestor in einer ganz anderen Liga.

Der für seine Beratungsresistenz bekannte Handelsminister Rob Davies begründete den Schritt mit einer grundsätzlichen Modernisierung des Regelwerks und meinte lapidar, neue Gesetze würden Investoren die gleiche Anlagesicherheit bieten wie bisher.

Dies darf jedoch sehr bezweifelt werden. Obwohl seit längerem versprochen, gibt es zum Beispiel noch immer keine Gesetze, die das nun gekündigte Abkommen ersetzen würden. Der auf dem Gebiet versierte Johannesburger Anwalt Peter Leon moniert denn auch, niemand wisse derzeit, was die neuen Gesetze, an denen die Regierung derzeit arbeitet, genau beinhalten würden.

Anlass zur Sorge gibt allerdings, dass fortan stärkere Eingriffe des Staates in die Wirtschaft erlaubt werden. Vieles deutet darauf hin, dass das Recht von Unternehmen auf eine faire Kompensation bei Enteignungen aufgeweicht werden könnte, weil der Marktwert künftig nicht mehr das entscheidende Kriterium für die zu zahlende Entschädigung ist. Folglich kann auch davon ausgegangen werden, dass der Investitionsschutz fortan nicht mehr die Qualität haben wird, die das nun gekündigte Abkommen bot.

Auch sollen ausländische Investoren nur noch begrenzte Möglichkeiten haben, sich im Streitfall an internationale Schlichter zu wenden. Für Unruhe sorgt schließlich die geplante Verschärfung der Black-Economic-Empowerment-Politik der Regierung, die mit immer höheren (aber auch zunehmend völlig unrealistischen) Quoten eine stärkere Rolle schwarzer Südafrikaner erzwingen will.

Entsprechend kritisch kommentieren deutsche Wirtschaftsverbände und die Außenhandelskammer in Johannesburg die Kündigung des Abkommens. So wird ausdrücklich davor gewarnt, die psychologischen Auswirkungen der Kündigung auf künftige Investoren zu unterschätzen. Südafrika dürfte sich mit dem Schritt schon deshalb ins eigene Knie geschossen haben, weil das Land angesichts seiner niedrigen Sparquote auf den massiven Zufluss ausländischen Kapitals angewiesen ist. Sobald die eigentlichen Gründe hinter der Kündigung des Abkommens sichtbar werden, könnte dieser Zustrom weiter versiegen. Wer Anleger aber derart rüde vor den Kopf stößt wie nun erneut Südafrika, darf sich nicht wundern, wenn diese ihr Geld künftig woanders einsetzen. Wolfgang Drechsler

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