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Autobauer: Bei VW bahnt sich ein Machtstreit an

Bei Volkswagen droht ein langer Kampf um die künftige Machtverteilung. Sowohl Porsche als auch das Land Niedersachsen sind mit ihren Anträgen zur Änderung der VW-Satzung gescheitert.

Im Streit zwischen den beiden Großaktionären Porsche und Niedersachsen gab es am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Hamburg keine Einigung über die Stellung des Landes. Erwartet wird nun stattdessen ein langes juristisches Tauziehen über das bisherige Vetorecht Niedersachsens bei wichtigen Entscheidungen.

Auch im Mitbestimmungsstreit zwischen Porsche und dem VW-Betriebsrat ist keine Lösung in Sicht. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh griff Porsche-Chef Wendelin Wiedeking scharf an und warf ihm "gefährliche Allmachtsphantasien" vor. Auch in diesem Konflikt droht ein langer Rechtsstreit. Auf der Hauptversammlung lieferten sich Vertreter des Landes sowie von Porsche Wortgefechte, eine massive Auseinandersetzung aber blieb aus.

Ärger um die Sperrminorität

Porsche will den starken Einfluss Niedersachsens bei VW beschränken, dagegen wehrt sich das Land. Konkret geht es um die 20-prozentige Sperrminorität bei VW. Durch die Regelung hat Niedersachsen, das knapp über 20 Prozent an VW hält, ein Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen. Niedersachsen will an der geltenden Sperrminorität festhalten, um seinen Einfluss bei VW als mit Abstand wichtigstem Arbeitgeber im Land zu sichern. Die Regelung entspreche dem deutschen Aktienrecht.

Dagegen will Porsche versuchen, als Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum VW-Gesetz die Sperrminorität über eine Satzungsänderung auf 25 Prozent zu erhöhen. VW müsse ein "normales Unternehmen" werden, fordert Porsche. Der Sportwagenbauer hält derzeit rund 31 Prozent an VW und will die Mehrheit an dem Wolfsburger Autobauer übernehmen. VW wäre dann Teil der Porsche Holding. Spekuliert wird, dass Porsche bei VW einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag anstrebt, um ungestört "durchregieren" zu können, wie es im Umfeld des Aktionärstreffens hieß.

Unterstützung bei der Wahl des Aufsichtsrats

Auf der Hauptversammlung erreichten weder der Antrag von Porsche noch der des Landes die notwendige Mehrheit. Damit bleibt es vorerst bei der bestehenden Regelung zur Sperrminorität. Gegenseitige Unterstützung gaben sich die beiden Großaktionäre dagegen bei der Wahl zum Aufsichtsrat. Porsche-Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche sowie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und dessen Wirtschaftsminister Walter Hirche (FDP) wurden jeweils mit breiter Mehrheit in das Gremium gewählt. Wulff und Hirche gehörten dem Gremium bisher aufgrund des VW-Gesetzes ohne Wahl an und stellten sich nun erstmals dem Votum der Aktionäre.

Wulff sagte, es sei nicht absehbar, dass einer der beiden Großaktionäre nachgeben werde. Daher werde es in der Auseinandersetzung um die Sperrminorität zu einer juristischen Klärung kommen müssen. Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) sagte, die geltende Regelung zur Sperrminorität entspreche dem deutschen Aktienrecht. Er rief Porsche dazu auf, gemeinsam Satzungsänderungen zum Entsenderecht und zum Höchststimmrecht zu beschließen. Der EuGH hatte die entsprechenden Regelungen im VW-Gesetz gekippt.

Porsche lehnte dies ab und warf Niedersachsen eine Irreführung der Aktionäre vor. Das EuGH-Urteil habe unmittelbare Auswirkungen auf die Satzung von VW, sagte ein Sprecher. Eine halbherzige Umsetzung bringe keine Rechtssicherheit. Der Porsche-Vertreter betonte, dass Porsche nach der Mehrheitsübernahme bei VW nicht plane, Arbeitsplätze abzubauen. Möllring kritisierte daraufhin, Porsche sei "trotzig" und handle nach dem Motto: "Wenn wir nicht alles kriegen, machen wir nichts."

Porsche will die Mehrheit im Herbst übernehmen

Der Sportwagenbauer rechnet derweil im Herbst mit der Mehrheitsübernahme bei VW. Bis dahin sei mit allen kartellrechtlichen Genehmigungen zu rechnen, sagte ein Porsche-Sprecher und bestätigte einen Bericht der "Financial Times Deutschland". "Sechs Monate sind dafür ein realistischer Rahmen. Dann hätten wir September oder Oktober. Wenn es früher wird, haben wir aber auch nichts dagegen." Sobald die Genehmigungen der EU-Kommission und der 15 weiterer Kartellämter vorliegen, will Porsche seinen Anteil auf mehr als 50 Prozent erhöhen.

Mit scharfen Worten wurde Wiedeking von VW-Betriebsratschef Osterloh kritisiert. Der Porsche-Chef wolle mit der "Arroganz eines Alleinherrschers" schalten und walten. Dies berge enorme Risiken für VW und die Beschäftigten. "Schlechter kann man eine Übernahme nicht gestalten." Der Betriebsrat werde den Mitbestimmungsstreit "mit aller Härte" führen, sagte Osterloh bei einer Kundgebung der IG Metall vor Beginn der Hauptversammlung vor rund 1000 VW-Beschäftigten. Zudem standen in allen Konzernstandorten wegen Informationsveranstaltungen kurzzeitig die Bänder still.

Osterloh forderte erneut eine angemessene Beteiligung der VW-Belegschaft in der Porsche Holding. Die bisherige Mitbestimmungsvereinbarung gehe zulasten der VW-Belegschaft. Am 29. April verhandelt das Stuttgarter Arbeitsgericht über eine Klage des VW-Betriebsrats gegen die Vereinbarung. Osterloh kündigte an, der Betriebsrat werde notfalls bis vor das Bundesarbeitsgericht und den Europäischen Gerichtshof ziehen.

VW-Chef Martin Winterkorn sagte, VW stehe mit Porsche und Niedersachsen als Hauptaktionären auf einem soliden Fundament. Beiden Anteilseignern gehe es nicht um schnelle Profite, sondern um eine langfristige Entwicklung. Vor VW lägen große Chancen, obwohl sich die Automobilindustrie in "rauer See" bewege. Zur Ankurbelung des Geschäfts in dem wichtigen US-Automarkt will VW dort ein Werk bauen. (mfa/dpa)

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