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Für den Freihandel. Die Chefs der großen deutschen Autokonzerne haben am Mittwoch in Berlin für TTIP geworben.

© dpa/Sören Stache

Autoindustrie für TTIP: Vom Chlor-Huhn zum Stoßfänger

Gleich sieben Autobosse üben in Berlin den Schulterschluss für das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP. Dort erklären sie, warum Blinker keine Hühnchen sind und freier Handel angeblich nur Vorteile hat. Ein Ortstermin.

Nein, über Chlor-Hühnchen möchte sich die deutsche Autoindustrie nun wirklich nicht den Kopf zerbrechen. Leider muss Matthias Wissmann, der Präsident des Autoverbandes VDA, sie am Mittwoch doch erwähnen. Das Chlor-Hühnchen ist ein Symbol: „Mit Parolen und absurden Vergleichen wird Stimmung gegen den Freihandel gemacht“, ärgert sich Wissmann. Gegen die irrationalen Ängste vor Gefahren für Leib und Leben wollen die Autobauer Fakten sprechen lassen, ein „Ausrufezeichen“ setzen. Die deutsche Automobilindustrie sage Ja zu TTIP, dem umstrittenen Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA.

Gleich sieben Vorstandsvorsitzende sind am Mittwoch nach Berlin ins VDA- Haus gekommen, um sich – Schulter an Schulter – für TTIP auszusprechen: Dieter Zetsche (Daimler), Norbert Reithofer (BMW), Rupert Stadler (Audi), Matthias Müller (Porsche), Volkmar Denner (Bosch), Bernhard Mattes (Ford) und Arndt Kirchhoff (Kirchhoff Holding) drängen sich mit Wissmann vor einem halben Dutzend TV-Kameras auf der Bühne. So viele Autobosse, die sich im Wettbewerb nichts schenken, sieht man selten gemeinsam auftreten. Feierlich legen sie die Hände auf einen großen, grünen Schriftzug: „Ja zu TTIP“.

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Doppelt entwickeln, doppelt beschaffen und doppelt zertifizieren

Was den einen die Chlor-Hühnchen, sind den anderen Spiegel, Blinker und Stoßfänger. Weil die Hersteller solche Bauteile für Europa und für die USA wegen unterschiedlicher Standards jeweils extra bauen müssten, verschwendeten sie Geld, legt Daimler-Chef Zetsche dar. Um „hohe Milliardenbeträge“ gehe es. Ähnliches gelte für die Einhaltung von Sicherheitsvorschriften oder Crashtests. Die Industrie müsse doppelt entwickeln, doppelt beschaffen und doppelt zertifizieren. „Das ist eine Verschwendung von volkswirtschaftlichen Werten, die man besser einsetzen könnte“, sagt Zetsche. Befreie man den Handel zwischen Europa und den USA von Zöllen und Bürokratie, würden Mittel frei: für Forschung und Entwicklung, Wachstum, Wohlstand, Arbeitsplätze.

Tatsächlich geht es um eine Menge Geld – etwa für Im- und Exportzölle zwischen EU und USA. „Allein die deutsche Autoindustrie zahlt im Jahr mehr als eine Milliarde Euro“, sagt BMW-Chef Reithofer. Geschätzte vier Milliarden Euro kämen noch einmal durch nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie Bürokratie und unterschiedliche Standards hinzu. Das alles wirke „wachstumshemmend“ und sei bei zwei Wirtschaftsregionen, „die sich industriell auf Augenhöhe befinden“, nicht mehr zeitgemäß. „Herr Zetsche, ich brauche nicht vor ihren Autos ,Made in USA’ geschützt werden“, sagt Reithofer. Wirklich nicht? Alle auf der Bühne nicken mit ernster Miene.

"Ich will mich nicht am Blinker festhalten"

Sieben Statements, ein Gedanke. Es sei nicht so, dass man sich noch nie zu TTIP geäußert habe, räumt Dieter Zetsche ein. Aber das hier, diese Demonstration der Geschlossenheit, solle „Druck ausüben“ – auch nach innen, in die Branche hinein.

800.000 Arbeitsplätze in Deutschland zählt der VDA. Daraus könnten mehr werden, wenn die Unternehmen schneller expandieren dürften, glaubt Matthias Wissmann. Schon heute gehen drei von vier in Deutschland gebaute Autos in den Export. Und die Hersteller folgen ihren Kunden. Das Wachstum der Branche finde vor allem außerhalb Europas statt, betont Bernhard Mattes von Ford. Warum TTIP trotzdem Jobs hierzulande schaffen würde, bleibt offen. Man müsse das „Gesamtbild im Auge behalten“, appelliert Mattes. Ein Schulterschluss der Großen gegen das Klein-Klein der Kritiker. „Ich will mich nicht am Blinker festhalten“, sagt Porsche-Chef Müller.

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