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Zum Hinknien. In Genf präsentiert VW-Chef Martin Winterkorn das neue Golf-Cabrio.

© dapd

Autoindustrie: VW fährt BMW in die Parade

Der Wolfsburger Autobauer überrascht mit seiner Beteiligung am Leichtbau-Zulieferer SGL Carbon die Konkurrenz.

Frankfurt am Main/Genf - Der Grafithersteller SGL Carbon wird zum Spielball großer Autokonzerne: Mit dem Einstieg von Volkswagen will schon der zweite Fahrzeughersteller das Know- how der Wiesbadener im Leichtbau anzapfen. Der Schritt von VW ist brisant, denn Rivale BMW arbeitet bereits eng mit SGL auf dem Gebiet der Carbonfaser- Werkstoffe zusammen. Großaktionärin des Münchner Autobauers ist Quandt-Erbin Susanne Klatten, die über ihre Beteiligungsgesellschaft Skion auch 22,25 Prozent an SGL hält.

Klatten ging auch prompt auf Distanz zum Wolfsburger Konzern, der sich überraschend 8,18 Prozent an SGL gesichert hatte und damit zum zweitgrößten Anteilseigner nach Skion avancierte. „Wir sehen das seitens Skion mit Distanz und Wachsamkeit“, sagte ein Skion-Sprecher am Dienstag. Klatten gibt im Aktionärskreis bei SGL bereits den Ton an. Die Milliardärin droht nun damit, eine Sperrminorität aufzubauen. Mit einem Anteil von 25 Prozent plus einer Aktie hätte Skion dann im Aufsichtsrat bei wichtigen strategischen Entscheidungen das letzte Wort.

SGL gehört zu den führenden Firmen bei den Verbundwerkstoffen aus Carbonfasern. Diese Materialien erlauben den Bau besonders leichter Autos und gelten daher als Schlüsseltechnologie zum Spritsparen. Bisher war Carbon für den Serieneinsatz in Autos noch viel zu teuer, aber mit steigenden Stahlpreisen wird es für die Branche immer interessanter.

Auch bei BMW zeigte man sich überrascht von der Volte des Rivalen aus Wolfsburg. BMW-Chef Norbert Reithofer sagte auf dem Genfer Autosalon: „VW hat uns nicht unterrichtet.“ Am Vorabend hatte sich das bei VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch anders angehört, als er sagte: „Wir haben vorher gefragt, ob es jemanden stört.“ Er fügte hinzu: „BMW ist ein angenehmer Wettbewerber.“ SGL und BMW betreiben seit 2009 ein Joint-Venture für Carbonfasern. Geplant ist unter anderem ein gemeinsames Werk für Carbonfasern in den USA. Das Joint-Venture produziert dann exklusiv für den Münchener Autobauer. Ein VW-Sprecher erklärte, die Beteiligung an SGL sei strategisch zu sehen. Sie solle aber nicht auf über zehn Prozent steigen. Erst kürzlich hatte die VW-Tochter Audi eine Entwicklungspartnerschaft mit dem Mischkonzern Voith für carbonfaserverstärkte Werkstoffe angekündigt. Hier schließt sich der Kreis: Das schwäbische Unternehmen ist ebenfalls SGL-Aktionär und hielt zuletzt 5,12 Prozent. Volkswagen setzt Carbonfaser-Materialien unter anderem beim Audi R8 und dem Audi RS3 ein.

Bei der Produktion von Cabrios bedient sich VW künftig der traditionsreichen Karmann-Technologie. Der Konzern übernimmt wie geplant Teile des insolventen Zulieferers. Der Insolvenzverwalter des Osnabrücker Unternehmens und Europas größter Autokonzern haben nach Angaben vom Dienstag einen Kaufvertrag für die Karmann-Metallgruppe geschlossen. Damit sei die „letzte große Karmann-Sparte mit 328 Mitarbeitern am Standort Osnabrück gerettet“, teilte Insolvenzverwalter Ottmar Hermann mit. Zur Metallgruppe gehören der Werkzeugbau und das Presswerk. VW hatte bereits zuvor die technische Entwicklung der Niedersachsen übernommen. (Reuters)

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