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Wirtschaft: Automarkt: Brüssel macht Autos billiger

Autokäufer können sich auf bessere Zeiten freuen. Denn Neuwagen in der EU werden voraussichtlich billiger.

Autokäufer können sich auf bessere Zeiten freuen. Denn Neuwagen in der EU werden voraussichtlich billiger. Die EU-Kommission will dem Autohandel mehr Wettbewerb verordnen. Je nach Marke sei so mit Preissenkungen um fünf bis acht Prozent zu rechnen, sagte der Leiter des Instituts für Automobilwirtschaft, Willi Diez, dem Tagesspiegel. Die Kunden würden aber frühestens 2004 profitieren. Bis Herbst 2003 hat die Autoindustrie Zeit für die Umstellung.

Die EU-Wettbewerbskommission sorgt für mehr Wettbewerb und sinkende Preise im Autohandel. Nach Einschätzung des Autofachmanns Willi Diez dürften vor allem die Preise für Modelle von Volkswagen, Opel und Ford sinken. Denn anders als bei den Exklusivherstellern wie Mercedes, BMW und Porsche, die massiv auf eine einheitliche Preisgestaltung achten, sind die Preisunterschiede bei Klein- und Mittelklassewagen in Europa sehr stark.

Neuwagen werden in Deutschland und in den anderen Ländern der EU bisher in der Regel über exklusive Händlernetze der Autohersteller verkauft. Markenhändler dürfen nicht außerhalb ihres Verkaufsgebietes werben oder Niederlassungen errichten, Werkstattbetriebe müssen zugleich auch Fahrzeuge verkaufen. Diese Wettbewerbseinschränkungen im Automobilhandel sind in der so genannten Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) festgelegt.

Nach den Plänen der EU-Kommission können Hersteller künftig auswählen, ob sie nur bestimmte Händler beliefern, die dann Filialen überall in Europa aufmachen dürfen. Oder die Autobauer entscheiden sich für einen Exklusivvertrieb: Diese Händler haben dann zwar nicht die Freiheit, weitere Filialen in anderen Regionen zu gründen. Dafür dürfen sie selbst Supermärkte mit Fahrzeugen beliefern. Keinem Händler kann mehr untersagt werden, mehrere Marken unter einem Dach anzubieten. Künftig sind zudem reine Reparaturfirmen zulässig (siehe Kasten: Die Monti-Regeln). ADAC und Einzelhandel begrüßten die Liberalisierung des Automarktes. Heftige Kritik übten dagegen Bundeskanzler Gerhard Schröder und die Automobilwirtschaft.

Konzentration wird verstärkt

Nach Einschätzung des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer von der Fachhochschule Gelsenkirchen verstärkt die Monti-Reform die ohnehin eingeleitete Konzentration im Autohandel. "Die großen Hersteller werden ermutigt, ihre direkten Vertriebskanäle noch stärker aufzubauen," sagte Dudenhöffer im Gespräch mit dem Tagesspiegel. "So einen Prozess braucht man in einer modernen Volkswirtschaft."

Kleine, nicht an Marken gebundene Werkstätten werden stark in Bedrängnis kommen. Der Zentralverband des Kraftfahrzeughandwerks (ZdK) fürchtet, dass 70 000 Arbeitsplätze gefährdet sind. IG Metall-Vorstand Wolfgang Rhode spricht sogar von bis zu 100 000 Stellen, die bei mittelständischen Firmen gefährdet seien: "Statt sinkender Preise wird es zum Händlersterben und zum Jobabbau kommen. Die Zahlen hält Dudenhöffer für "Luftnummern". Mit der Konzentration, meint der Autoexperte, werde eher die Qualität der Händler- und Werkstattnetze verbessert.

Dass Kfz-Handel- und Service nicht vollständig liberalisiert werden soll, hält Dudenhöffer für eine richtige Entscheidung Montis. Der Kunde müsse sich auf die Markenleistungen verlassen können. Gegen eine vollständige Freigabe spreche vor allem die Tatsache, dass fehlerhafte Fahrzeuge ein hohes Sicherheitsrisiko im Straßenverkehr darstellten. Das sei eben der große Unterschied zum Computer-Verkauf bei einem Lebenmitteldiscounter wie Aldi. Hier trage der Kunde das Produktrisiko allein. Laut Dudenhöffer bezahlen deutsche Kunden rund zwei Prozent mehr für den Vertrieb als Autokäufer in den USA. Und: Der US-Händler verdient im Schnitt dabei sogar noch mehr Geld als sein deutscher Kollege.

Mit ihren Vorschlägen will die EU-Kommission die bisherigen Vorschriften ändern, die den Neuwagenhandel ausdrücklich vom allgemeinen Kartellverbot ausnehmen. Die derzeitige Rechtsgrundlage - eine 1995 überarbeitete Verordnung zur Gruppenfreistellung des Autohandels, deren Ursprung noch auf 1985 zurückgeht - läuft im Herbst aus. Die Kommission ist nicht gewillt, diese Ausnahmeregelung zu Gunsten der Autoindustrie erneut zu verlängern. Für die Änderung der Vorschriften braucht die Kommission keine Zustimmung der Regierungen aus den EU-Ländern, auch nicht die des Europaparlamentes. Allerdings sollen die Vorschläge zunächst mit der Branche und anderen Interessenvertretern beraten werden.

Endgültig will die Kommission im Sommer entscheiden. Der Branche soll dann ein Jahr zur Umsetzung der neuen Vorschriften eingeräumt werden. Damit würden die neuen Regeln frühestens ab dem 1. Oktober 2003 gelten.

fo, opp

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