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Bilder eine Ausstellung. Zehntausende besuchten am Wochenende die Autoschau in Peking und bewunderten die neuesten Modelle, wie hier einen McLaren-Sportwagen.

© AFP

Automarkt China: Erfolgreich im Stau

Zur Freude der deutschen Hersteller mögen die Chinesen große Autos. VW kommt mit Billigmarke.

Die Automesse in Peking beginnt mit einem Stau. Als am Osterwochenende die Chefs aller wichtiger Fahrzeughersteller gleichzeitig durch den Verkehr zum Messegelände reisen wollen, geht gar nichts mehr. Viele der Anzugträger sind den letzten halben Kilometer durch die schlechte Luft zu Fuß gestapft, um noch rechtzeitig zu ihrem ersten Termin am Messestand zu kommen.

Während China die Umweltverschmutzung und die Staus immer mehr als Grenze des Wachstums diskutiert, betrachten sich deutsche Oberklassehersteller als immun. Zwar planen chinesische Städte strengere Zulassungskontrollen. Doch „die Beschränkungen nützen im Endeffekt dem Premiummarkt“, sagt Dominique Boesch, Chef des Audi-Vertriebs bei FAW Volkswagen, bei der Auto China 2014. Viele Käufer ersetzen ein vorhandenes Auto durch einen Neuwagen. Dann können sie ihr altes Nummernschild weiterverwenden.

In Peking entscheidet das Los, wer ein Auto anmelden darf

Der Hintergrund der Diskussion: In Peking, Schanghai, Guangzhou und weiteren Megametropolen lassen sich neu gekaufte Autos schon seit Jahren nicht mehr einfach anmelden. In Peking gilt beispielsweise das Losverfahren: Von 111 Antragstellern erhält nur einer ein Nummernschild. In der Praxis hält der Absatz den Beschränkungen stand – vor allem bei Oberklassewagen. Audi beispielsweise konnte trotz hoher Smogwerte im ersten Quartal 21 Prozent mehr Autos verkaufen. „Mehr und mehr Megacitys führen Begrenzungen der Zulassungsmengen ein, aber wir haben davon noch nichts gemerkt“, sagt Porsche-Vertriebsvorstand Bernhard Maier.

Die Massenhersteller sehen dagegen durchaus einen Effekt des Kampfs gegen den Smog. „Der Absatz wird darunter leiden, dass quer durch China verkaufshemmende Maßnahmen eingeführt werden“, sagt Namrita Chow von dem Forschungsdienst IHS. „Die Vorschriften haben deutlich größere Auswirkungen auf den Volumen- als auf den Premiummarkt“, glaubt BMW-Vertriebsvorstand Ian Robertson. Er verweist auf das Beispiel Singapur, wo die strengsten Regeln der Welt gelten. Wer sich dort noch ein Auto leiste, der wähle dann gleich ein Luxusmodell. Auch Daimler-Chef Dieter Zetsche sieht das Problem eher bei den preiswerteren Anbietern. Die S-Klasse verkaufe sich jedenfalls auch in China prächtig.

Die Luftverschmutzung ist in China eine große Belastung

Die Hersteller gehen in ihrer Freude über das zehnprozentige Wachstum in China jedoch etwas lässig mit den Problemen um – als seien es nicht die eigenen Produkte, die einen Großteil der Staus und der Emissionen erzeugen. „In einem Porsche steht es sich angenehmer im Stau“, sagt Porsche-Vorstand Maier. „Wenn der Markt nun einmal große Autos will, dann verkaufen wir sie eben“, beschreibt ein anderer deutscher Manager die Einstellung.

Die Luftverschmutzung ist in China eine große Belastung für die Gesundheit. Die Weltgesundheitsorganisation warnt bereits, dass die unbedenklichen Werte dort regelmäßig um ein Vielfaches überschritten werden. Seit 1999 ist die Zahl der Autos in China von knapp 15 Millionen auf mehr als 260 Millionen gestiegen. Während der Absatz im aktuellen Jahr wohl noch kräftig steigen wird, könnten Umweltbedenken eines Tages ernsthaft dämpfend wirken. „Es droht zunehmender Druck durch Umweltvorschriften, Staus und Kaufbeschränkungen“, warnt Shi Jiahua vom Verband Chinesischer Autohersteller.

Die deutschen Autohersteller bauen ihre Präsenz in China aus

Unverdrossen baut dagegen Volkswagen seine Präsenz in China aus. Die Planungen für ein Fahrzeug zu einem Preis von unter 7500 Euro sind weit fortgeschritten, spätestens Anfang 2017 soll das Auto an den Start gehen. „Es ist vorgesehen, unser Budget Car unter einer eigenen Marke auf den Markt zu bringen“, sagte Hans Demant dem „Handelsblatt“. Das Billigsegment gehört zu den am schnellsten wachsenden. „Wir kalkulieren mit einem jährlichen Volumen von 300 000 Fahrzeugen“, sagte Demant.

Auf der Automesse steht aber vor allem ein Elektrofahrzeug im Rampenlicht: Der „Denza“, ein Projekt von Daimler mit dem chinesischen Partner BYD. Das Auto kommt im September auf den Markt. In Peking erhält der Käufer rund 13 000 Euro Subvention von der Stadtregierung, die Anschaffungskosten liegen damit unter 30 000 Euro. Es bleiben jedoch Fragen. Viele Tiefgaragen von Wohnblocks erlauben keine Hochvolt-Installationen. Von 3000 interessierten Kunden ist aus praktischen Gründen bei einer der jüngsten Verkaufsaktionen nur ein Dutzend übrig geblieben, für die das E-Auto Sinn gemacht hätte. Handelsblatt

Finn Mayer-Kuckuk

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