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Wirtschaft: Automobilbranche: Das leise Sterben der Autohändler

Die Suche nach der Werkstatt um die Ecke wird für Autofahrer schwieriger: Fast 1500 Autohäuser und Werkstätten haben im vergangenen Jahr geschlossen. Der hohe Preisdruck und die schlechte Ertragslage fordern ihren Tribut.

Die Suche nach der Werkstatt um die Ecke wird für Autofahrer schwieriger: Fast 1500 Autohäuser und Werkstätten haben im vergangenen Jahr geschlossen. Der hohe Preisdruck und die schlechte Ertragslage fordern ihren Tribut. 12 000 Arbeitsplätze sind mit der Schließung der Werkstätten verloren gegangen.

Experten gehen davon aus, dass sich der Trend zur Ausdünnung des Service-Netzes in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Von der Schließung sind vor allem solche Händler betroffen, die unmittelbar an einen großen Autokonzern gebunden sind. Bei den freien Werkstätten passiert deutlich weniger, berichtet Helmut Blümer, Sprecher des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK). Dass im vergangenen Jahr 385 freie Unternehmen aufgeben mussten, sei völlig normal.

Viel entscheidender ist die Entwicklung im Vertragsbereich: Fast 1100 Autohändler gaben auf. Damit sind 4,6 Prozent der 22 600 Vertragsbetriebe verschwunden. Das hat die Branche alarmiert, denn so stark war der Einbruch in den vorangegangenen Jahren noch nie. Eckhard Meyer, Vorsitzender des VW- und Audi-Händlerverbandes, bestätigt, dass der Trend zum Abbau "bei uns seit Jahren kontinuierlich läuft". Bei den meisten in- und ausländischen Automobilherstellern stehen gravierende Änderungen im Vertrieb an. In der vergangenen Woche erst hatte Opel allen deutschen Vertragshändlern gekündigt. Das Rüsselsheimer Unternehmen will die Zahl der Händler von derzeit etwa 1000 auf rund die Hälfte reduzieren. VW-Händlersprecher Eckhard Meyer ist sich zwar sicher, dass der Wolfsburger Konzern nicht so einschneidend vorgehen wird wie Opel. Trotzdem werde es bitter für die Händler, "die aus dem Netz herausfallen". Fiat hat die Zahl seiner Händler in Deutschland schon von 1200 auf 800 reduziert.

Grund für die Ausdünnung der Vertriebsnetze sind die hohen Kosten, die den Automobilkonzernen schon lange ein Dorn im Auge sind. Die Schätzungen sind unterschiedlich, doch die meisten Hersteller kalkulieren mit einem Vertriebskostenanteil zwischen 25 Prozent und 30 Prozent ihres Jahresumsatzes. Schlankere Vertriebsstrukturen sollen dafür sorgen, dass dieser Ausgabenposten sinkt.

Deshalb drängen die Hersteller jetzt darauf, dass sich ihre Händler in einzelnen Regionen zu größeren Einheiten zusammenschließen. Sie sollen in so genannten "Marktverantwortungsgebieten" ein einziges Unternehmen gründen, das Teilbereiche wie Verwaltung oder Lackiererei zusammen legt. Nur die Zentrale eines solchen regionalen großen Händlers besitzt dann künftig noch alle Werkstattfunktionen. Kleinere Filialen an den Stadträndern können den Plänen zufolge nicht mehr alles reparieren oder jedes neue Modell präsentieren.

Bis zu 40 Prozent aller Händler könnten herausfallen, schätzen die Experten. Sinkende Verkaufszahlen reduzieren die Überlebenschancen für einzelne Autohändler zusätzlich: In diesem Jahr werden die Zulassungszahlen in Deutschland wahrscheinlich das dritte Mal in Folge zurückgehen. Fiat-Direktor Fricke sieht darüberhinaus noch ein anderes Problem. Selbstständige Firmen verschwänden von der Bildfläche, weil es keinen Nachfolger mehr für die Unternehmensleitung gebe.

Der Ausdünnung der Automobil-Vertriebsnetze können lediglich die Händler der Premiummarken wie Mercedes oder BMW gelassen entgegen sehen. Deren Verkaufszahlen steigen noch. Peter Enders, Sprecher der deutschen BMW-Händler, ist deshalb zuversichtlich: "Mit unserer Marke haben wir natürlich einen Vorteil."

zel, HB

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