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Guter Stand. Vorstand Arno Antlitz (l.), Herbert Diess und Jürgen Stackmann geben sich optimistisch. Foto: Holger Hollemann/dpa

© dpa

Automobilbranche: Volkswagen erwartet neuen Absatzrekord

Die Kernmarke des Autokonzerns Volkswagen steuert auf ein Rekordjahr zu – und will mit Geländewagen weiter wachsen.

Volkswagen glaubt, die Diesel-Krise überwunden zu haben. Mit Aussicht auf ein Rekordjahr 2017 traut sich die gewinnschwache Kernmarke des VW-Konzerns auch eine höhere Profitabilität als geplant zu. Ungeachtet enormer Investitionen in Elektromobilität und Zukunftsfelder hob VW am Donnerstag die Prognose für die operative Rendite an – bis 2020 kann man sich nun bis zu fünf Prozent (bisher vier Prozent) Rendite vorstellen. Im vergangenen Jahr war VW als Schlusslicht im Zwölf-Marken-Konzern nur auf 1,9 Prozent gekommen, Umsatz und Gewinn im wichtigsten Teil des Autokonzerns mit 200 000 Mitarbeitern waren gesunken, die Diesel-Krise traf den Hersteller hart. 2017 stellt VW nun eine fast verdoppelte Rendite von mehr als 3,5 Prozent in Aussicht. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, war nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat vor einem Jahr ein Zukunftspakt für die deutschen Werke geschlossen worden.

Größe ist gut zwei Jahre nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals nun wieder ein Wert in Wolfsburg: „Unser Ziel ist es, Volkswagen zum weltweit führenden Volumenhersteller zu machen“, sagte Markenvorstand Herbert Diess. Auch in der „neuen Welt der Automobilindustrie“ wolle man eine Führungsrolle übernehmen. „Volkswagen ist auf allen seinen Kernmärkten wieder in der Offensive“, fügte Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann hinzu.

Doch Diess, der 2015 von BMW kam, warnte zugleich vor Euphorie: „Wir haben damit die ersten fünf Kilometer eines Marathonlaufs absolviert“, gab er zu bedenken. VW steuere durch eine „extrem anspruchsvolle Phase unserer Branche“. Die Auto-Welt sei weniger planbar als in der Vergangenheit. Auch die hausgemachte Dieselaffäre lastet immer noch schwer auf dem Autobauer. Dieselfahrzeuge verlieren massiv Marktanteile. Die Kosten für die Aufarbeitung des Skandals summieren sich im Konzern insgesamt auf rund 25 Milliarden Euro.

Elektromobilität werde zum „Schlüsselfaktor“

Mit Blick auf die verschärfte CO2-Regulierung in Europa, die geplante Elektroauto-Quote in China und sinkende Diesel-Verkäufe sagte Diess, die Elektromobilität werde zum „Schlüsselfaktor“. Es komme entscheidend darauf an, eine finanzielle Basis zu schaffen, mit der die anstehenden Aufgaben gemeistert werden könnten – und die E-Mobilität profitabel zu gestalten. VW-Konzernchef Matthias Müller hatte kürzlich angekündigt, in die Entwicklung von E-Autos, autonomem Fahren und die Digitalisierung bis 2022 mehr als 34 Milliarden Euro zu investieren.

Der Volkswagen-Konzern insgesamt mit den Marken VW, Porsche, Audi und anderen wird 2017 weltweit mehr als 10,3 Millionen Fahrzeuge verkaufen. Auch die Marke VW ist auf Rekordkurs, nach zehn Monaten liegt der Absatz mit mehr als fünf Millionen Fahrzeugen mehr als drei Prozent über dem Vorjahreswert. Der Hersteller setzt weiter auf den anhaltenden Erfolg von sportlichen Geländewagen (SUV). Die renditestarken Modelle sollen der „Schwerpunkt der Modelloffensive“ bei VW sein. Bis 2020 will allein die Kernmarke ihr SUV-Angebot weltweit auf 20 Modelle ausweiten, die Hälfte davon in China. „Etwa 40 Prozent der verkauften Volkswagen sollen dann SUV sein“, hieß es.

Abbau von Jobs ist in den Werken bemerkbar

In den zurückliegenden zwölf Monaten habe die Marke auf „allen zentralen Handlungsfeldern Fortschritte erzielt“, sagte Diess. Die Umsetzung der Strategie „Transform 2025 plus“ laufe „auf Hochtouren“. Als Erfolg wertet der VW-Vorstand den vor einem Jahr geschlossenen Zukunftspakt, der zu einem heftigen Schlagabtausch zwischen Herbert Diess und Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh geführt hatte. Der Pakt sieht einen sozialverträglichen Stellenabbau und milliardenschwere Kostenreduzierungen vor. Diess verwies auf die sehr schwierige Ausgangssituation vor einem Jahr: VW habe „schleichend an Markenstärke“ verloren, die Fixkosten seien zu hoch, die Organisation zu bürokratisch gewesen.

1,9 Milliarden Euro wurden in den vergangenen zwölf Monaten im Rahmen des Zukunftspakts eingespart. Vorstand und Betriebsrat hatten sich auch auf den Abbau von 23 000 Arbeitsplätzen bis 2020 in Deutschland geeinigt, bei einem gleichzeitigen Aufbau von 9000 Stellen in „Zukunftsfeldern“. Im laufenden Jahr wurden hierzulande unter dem Strich rund 1800 Arbeitsplätze abgebaut. Das machte sich bei der Produktivität in den Werken bemerkbar: In Salzgitter und Kassel sowie in der Wolfsburger Tiguan- und Touran-Fertigung liegt VW über seinen eigenen Plänen, die Golf-Produktion in Wolfsburg sowie die Werke in Emden, Zwickau und Braunschweig liegen noch zurück.

Dass die strategische Neuausrichtung greift, glaubt offenkundig auch die Börse. Die VW-Aktie ist in den vergangenen zwölf Monaten um fast 50 Prozent gestiegen. Deutlich stärker als die Konkurrenz.

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