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Wirtschaft: Babcock steht vor der Zerschlagung

Berlin (fo/ce). Die Rettung des Maschinen- und Anlagenbauers Babcock Borsig ist nach tagelangen, dramatischen Verhandlungen gescheitert.

Berlin (fo/ce). Die Rettung des Maschinen- und Anlagenbauers Babcock Borsig ist nach tagelangen, dramatischen Verhandlungen gescheitert. Mehrere Banken halten das Sanierungskonzept, das mit einem Kapitalbedarf von 800 Millionen Euro verbunden war, nicht für tragfähig. Während Politiker, Banker und Aufsichtsräte sich um die Verantwortung streiten, steht der Konzern vor der Zerschlagung.

„Runde eins in unseren Bemühungen, die Sanierung des Unternehmens so rasch wie möglich herbeizuführen, war nicht von Erfolg gekrönt. Wir gehen jetzt in Runde zwei.“ Mit diesen Worten kommentierte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) am Montag das Ende der Verhandlungen. Für die Sanierung von Babcock soll ein neuer Vorstandsvorsitzender verantwortlich sein. Der Aufsichtsrat werde darüber am Dienstag beraten, sagte Clement. Babcock-Vorstandschef Klaus Lederer hatte sich mit dem Verkauf der HDW verabschiedet. Der zu seinem Nachfolger bestimmte Steag-Chef Jochen Melchior steht nicht mehr zur Verfügung. Als Babcock Insolvenz-Verwalter ist seit Montag Rechtsanwalt Helmut Schmitz eingesetzt.

Nach Einschätzung von Branchenkreisen muss Babcock sich jetzt auf das Kerngeschäft konzentrieren. Unternehmensberater Roland Berger hatte bereits empfohlen, Auslandsaktivitäten und Tochterunternehmen abzugeben und damit den Umsatz auf 2,4 Milliarden Euro und die Beschäftigung auf 10 700 Mitarbeiter zu halbieren. Abgearbeitet wird jetzt wohl auch die - nicht mehr realisierte - Verkaufsliste des alten Managements mit den Firmen Schumag (Maschinenbau), Krantz TKT (Gebäudemanagement) und Babcock BSH (Beschichtungsanlagen). Experten erwarten, dass die Sanierung über das Berger-Konzept hinausgeht, weil schon das einigen Banken nicht weit genug ging.

Betroffen von der Pleite sind weltweit 22 000 Mitarbeiter, davon 13 000 in Deutschland. Welche der rund 150 Beteiligungsgesellschaften jetzt ebenfalls Insolvenz anmelden müssen, ist noch offen. Nur wenig Hoffnung für das Berliner Werk mit rund 400 Beschäftigten hat der Betriebsratsvorsitzende Peter Schrader. Er rechne mit einem Insolvenzantrag in den nächsten Tagen, sagte er im SFB-Fernsehen. Babcock war früher in fast allen klassischen Bereichen des Maschinen- und Anlagenbaus tätig. An der Werft HDW hält Babcock noch 25 Prozent. Auslöser für den Zusammenbruch war die Trennung von HDW. Die hohe Liquidität der Schiffbauer habe Babcock schon seit zwei Jahren „über Wasser gehalten“, heißt es in Bankenkreisen. Wegen des Verkaufs der HDW muss Babcock jetzt 500 Millionen Euro nach Kiel zurücküberweisen, in Oberhausen kommen aber nur 320 Millionen Euro Verkaufserlös an.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering übte am Montag deutliche Kritik an Klaus Lederer. Es habe „zweifellos Probleme im Management“ gegeben, sagte Müntefering. Er warf Lederer vor, „sich vom Acker gemacht" zu haben. Das sei nicht besonders mutig gewesen. „Es gibt gute Manager und solche, die sich einen goldenen Fuß machen und dann verschwinden“, sagte Müntefering. IG-Metall-Chef Klaus Zwickel kritisierte, dass „die Banken die Babcock-Rettung aus wahltaktischen Gründen blockieren“. FDP-Vize Rainer Brüderle monierte, dass das Frühwarnsystem bei Politik, Gewerkschaften und öffentlichen Banken nicht funktioniert habe. „Sie sitzen alle im Aufsichtsrat und merken nicht, was passiert", sagte er dem Tagesspiegel. Auch bei Babcock habe sich die Verflechtung zwischen Banken, Politik und Wirtschaft „einmal mehr als ungesund" erwiesen.

Ein Sprecher der Commerzbank warf dem Management und dem Aufsichtsrat am Montag vor, „eklatante Fehler“ gemacht zu haben. Gegen diesen Vorwurf der Geldinstitute wehrt sich Hannelore Elze, IG Metall-Vertreterin im Aufsichtsrat, vehement. „Dann frage ich mich, was denn die Banken die ganzen Jahre hindurch gemacht haben.“ Die Commerzbank hat wie die Hypo-Vereinsbank und die BHF-Bank erhebliche Zweifel an der Sanierungsfähigkeit des größten deutschen Anlagenbauers. Im Gegensatz zur WestLB und der Deutschen Bank sind diese drei Institute nicht an Babcock Borsig beteiligt. WestLB, Deutsche Bank, TUI und der HEW-Käufer One Equity Partners (OEP) wollten Babcock mit rund 200 Millionen Euro neuem Eigenkapital ausstatten. An der Finanzierung der restlichen 600 Millionen Euro sollten aber alle Banken beteiligt sein.

Nach Meinung der Commerzbank ist Babcock aber „ein Fass ohne Boden“. Das Institut ist nicht bereit, zusätzliche Risiken zu übernehmen. Auch das angeblich 430-Millionen-Euro schwere Bürgschaftsangebot von Bund und Land NRW konnte die Banken nicht umstimmen. In Wahrheit, so heißt es in Bankenkreisen, handele es sich dabei ohnehin zur Hälfte um bereits existierende Bürgschaften etwa zur Abdeckung von Exportrisiken. Das Engagement von Clement und Kanzler Gerhard Schröder sei nicht so groß wie in der Öffentlichkeit dargestellt.

Babcock schuldet den Banken 1,4 Milliarden Euro, davon entfallen 223 Millionen Euro auf Kredite, weitere 1,2 Milliarden Euro auf Bürgschaften für Großaufträge.

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