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Baden-Württemberg: Wirtschaft pocht auf Stuttgart 21

Unternehmen in Baden-Württemberg wollen mit einer künftigen Grün-Roten Landesregierung kooperieren, warnen aber vor zu viel grünem Überschwang.

Berlin - Die Wirtschaft in Baden-Württemberg warnt die künftige Landesregierung vor zu viel grünem Überschwang. „Ich hoffe, dass die Politik beim angekündigten Umbau der Wirtschaft keinen ökologischen Tunnelblick aufsetzt, sondern ein gesundes Maß findet“, sagte Peter Kulitz, Präsident des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags (BWIHK) dem Tagesspiegel. Der Dachverband vertritt mehr als 600 000 Firmen. Dennoch sieht Kulitz in der Zäsur in der Landespolitik durchaus Chancen. „Was mir am designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann gut gefällt, ist sein unbedingter Wille zum Schuldenabbau“, sagt Kulitz, der selbst keiner Partei angehört. „Da spricht er den Schwaben aus der Seele. Und ich traue ihm zu, dass er das konsequent umsetzt.“

Baden-Württembergs Wirtschaft hat großes Gewicht. Mit einem Bruttoinlandsprodukt von mehr als 350 Milliarden Euro ist das Land deutlich leistungsfähiger als beispielsweise Griechenland. Es gibt 3,9 Millionen sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, und die Arbeitslosenquote ist mit 4,5 Prozent so niedrig wie nirgendwo sonst in Deutschland. Rückgrat des Wirtschaftsstandorts ist die Metall- und Elektroindustrie mit gut 800 000 Beschäftigten.

Neben der Energiepolitik ist für die Unternehmen vor allem ein Thema wichtig: der Ausbau der Infrastruktur im Lande. „Zu Stuttgart 21 gibt es keine realistische Alternative“, sagte Kulitz. Der umstrittene Bahnhofsbau werde der erste Prüfstein für die neue Landesregierung sein. Das Bauvorhaben müsse schnellstmöglich umgesetzt werden, forderte Kulitz, ebenso wie der Hauptgeschäftsführer des baden-württembergischen Arbeitgeberverbands, Peer-Michael Dick. „Es wäre ein finanzielles Desaster, falls Stuttgart 21 nicht realisiert werden sollte“, sagte Dick.

Der Autohersteller Daimler, einer der größten Arbeitgeber in Baden-Württemberg, kündigte eine „konstruktive Zusammenarbeit“ mit der neuen Landesregierung an. „Daimler ist mit Zukunftstechnologien seit langem führend, was für eine neue Landesregierung auch ein zentrales Thema ist“, sagte ein Sprecher. Franz Fehrenbach, Chef des ebenfalls in Stuttgart ansässigen Autozulieferers Bosch, forderte eine zügige Regierungsbildung. „Wir erwarten, dass das neue Regierungsprogramm stabile, verlässliche Rahmenbedingungen beschreibt, um das gute wirtschaftliche Klima in Baden- Württemberg zu erhalten und die Stärken des Landes weiter zu stärken“, sagte Fehrenbach.

Die Maschinenbauer sehen Ansätze für eine gute Zusammenarbeit: Kretschmann kenne „die Bedürfnisse unserer mittelständischen, oft familiengeführten Unternehmen“ und er werde sich darum bemühen, diesen Betrieben auch eine Zukunft zu geben, kommentierte Hannes Hesse, Hauptgeschäftsführer des Maschinenbauverbands VDMA den Wahlausgang. „Auch bei den Megathemen Energieeffizienz und Ausbau regenerativer Energien können wir uns pragmatische Lösungen vorstellen. Wir alle wissen, dass wir in der Energiepolitik umdenken müssen.“

BWIHK-Präsident Kulitz hat bereits ein erstes gemeinsames Projekt mit Kretschmann im Auge. „Wir setzen uns für die Einführung einer Pkw-Maut ein“, sagte Kulitz, „und schlagen den Grünen eine konzertierte Aktion vor, damit endlich Geld für den nötigen Ausbau der Verkehrswege zur Verfügung steht.“ vis/mit rtr

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