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Wirtschaft: Bahn bittet Kunden um Verzeihung

Personenverkehrsvorstand Rausch: Wir haben aus „Kyrill“ gelernt

Berlin - Die Deutsche Bahn will schnell Maßnahmen ergreifen, um mit Extremereignissen wie dem Orkan „Kyrill“ besser umgehen zu können. Vor allem am Tag danach, als der Verkehr wieder anlief, habe es ein Informationsproblem gegeben, sagte Karl-Friedrich Rausch, Personenverkehrsvorstand der Bahn, dem Tagesspiegel. „Für diese Probleme kann ich mich bei unseren Kunden nur entschuldigen.“ Eine Projektgruppe werte die Ereignisse aus. „Wir wollen mögliche Verbesserungen sehr schnell ausarbeiten, um auf so extreme Wetterlagen noch besser zu reagieren“, sagte Rausch. Vor allem gehe es darum, den Fahrgästen künftig eindeutige Informationen zu geben – oder klar zu sagen, wann man solche überhaupt liefern kann. Aber nicht nur bei Ausnahmeereignissen will die Bahn besser informieren. Auch voraussehbare Verspätungen aufgrund von Baustellen sollten den Kunden künftig möglichst schon beim Kartenkauf mitgeteilt werden, sagte der Vorstand.

Durch „Kyrill“ war die Bahn das erste Mal in ihrer Geschichte dazu gezwungen, den kompletten Verkehr einzustellen. „Das war eine Wetterkatastrophe, die wir noch nie erlebt haben“, sagte Rausch. Er sei sehr froh, dass es der Bahn durch ihr Krisenmanagement gelungen sei, dass kein einziger Fahrgast verletzt wurde. Auch an den Zügen habe es so gut wie keine Schäden gegeben. Außerdem habe die Bahn Kunden, die in den Zügen oder Bahnhöfen übernachten mussten, – soweit es ging – gut untergebracht. „In den Bahnhöfen war die Stimmung nicht schlecht. Denn den meisten war es wichtig, warm und sicher zu sein. Der Orkan wurde als höhere Gewalt akzeptiert. Bei unseren Mitarbeitern bedanke ich mich für den tollen Einsatz“, sagte Rausch.

Doch in der Folge des Orkans waren auch die gesamten Umläufe der Bahn durcheinandergewirbelt worden. Züge und Personal waren am nächsten Morgen nicht da, wo sie eigentlich fahrplanmäßig gebraucht wurden. „Danach haben wir zu sehr betrieblich und zu wenig kundenorientiert informiert“, räumte Rausch ein. Zwar erhielten Fahrgäste die Ansage, dass eine Strecke wieder befahrbar sei, aber nicht die Zusatzinformation, dass noch keine Züge einsatzbereit waren. In Zukunft wolle die Bahn dafür sorgen, dass die Kunden nur noch für sie relevante Informationen erhalten.

Durch die bessere Orientierung der Kunden verspricht sich die Bahn auch eine bessere Nutzung ihrer Ressourcen. Wegen „Kyrill“ gab es zum Beispiel sehr viele Anfragen beim Callcenter und auf der Internetseite. Statt der üblichen 20 000 Anrufe pro Tag waren es allein bis Freitagnachmittag, dem Tag nach „Kyrill“, insgesamt 1,9 Millionen. „Die dafür notwendigen Ressourcen können wir nicht kontinuierlich vorhalten“, sagte Rausch. Nur jeder zehnte Anruf habe beantwortet werden können. Auch beim Internet gab es Engpässe, weil sich die Klickrate verhundertfachte. Künftig sollen möglichst frühzeitig zusätzliche Server eingesetzt werden, kündigte Rausch an.

Die Schäden für die Bahn durch „Kyrill“ seien noch nicht genau zu beziffern, sagte Rausch. Zurzeit schickten zum Beispiel Kunden noch Fahrkarten zur Erstattung ein. Es gebe zwar keinen Anspruch auf Entschädigung, weil es sich bei dem Orkan um höhere Gewalt gehandelt habe. „Wir prüfen aber jeden Fall“, versprach Rausch.

Mit dem wirtschaftlichen Erfolg im vergangenen Jahr ist der Bahnvorstand sehr zufrieden. Bis zum November sei die Zahl der Fahrgäste im Personenverkehr um 3,7 Prozent oder 61 Millionen gestiegen. „Zuwächse gab es sowohl im Stadt- und Regionalverkehr als auch im Fernverkehr“, sagte Rausch. Durch Billigtickets habe man etwa 1,7 Millionen Fahrten verkauft.

Auf den Ausbaustrecken sei durch das verbesserte Angebot die Zahl der Fahrgäste stark gestiegen. Zwischen Berlin und Hamburg nutzen laut Rausch mittlerweile im Schnitt pro Tag 10 000 Menschen die Bahn – ein Plus von 40 Prozent. Auf der Strecke von Berlin nach Leipzig liege der Zuwachs bei 20 Prozent.

„Auch in diesem Jahr erwarten wir mehr Fahrgäste“, sagte Rausch. Allerdings werde es weiter Probleme mit Baustellen geben. „Der angespannte Zustand, den wir schon in der zweiten Jahreshälfte 2006 hatten, wird in diesem Jahr weitergehen.“ Wegen des wachsenden Verkehrs, auch beim Gütertransport, gebe es einen erhöhten Instandhaltungsbedarf. Die Pünktlichkeit – gerechnet über alle Personenverkehrszüge, also auch inklusive S-Bahnen – solle trotzdem wie im vergangenen Jahr bei über 90 Prozent liegen, sagte Rausch.

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