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Wirtschaft: Bahn-Ergebnis besser als erwartet

Konzern übertrifft Planung und will 2004 schwarze Zahlen schreiben / Kritik am neuen Preissystem

Berlin (brö). Die Sanierung der Deutschen Bahn AG kommt voran. Der Verlust im laufenden Geschäftsjahr werde geringer ausfallen als bislang erwartet, erfuhr der Tagesspiegel aus Unternehmenskreisen. Zugleich erntete der staatseigene Konzern Kritik für sein am Mittwoch vorgestelltes neues Preissystem. Bundesländer, Fahrgast- und Umweltverbände forderten Nachbesserungen für Pendler und Reisende im Nahverkehr.

Ursprünglich wollte die Bahn dieses Jahr mit einem Verlust von 550 Millionen Euro abschließen. Vermutlich werde der Konzern im laufenden Geschäft aber weniger verlieren. Der Grund dafür seien Erfolge bei der Kostensenkung sowie die Übernahme der Hochwasserschäden durch den Eigentümer Bund, hieß es. Bereits im ersten Halbjahr hatte die Bahn ihre Planungen trotz der Konjunkturkrise übertroffen. Wegen der Integration des Logistik-Unternehmens Stinnes, das die Bahn vor kurzem für 2,5 Milliarden Euro übernommen hatte, überarbeiten die Finanzexperten derzeit ihre mittelfristige Umsatz- und Gewinnplanung.

Das Ziel von Bahnchef Hartmut Mehdorn ist es, 2004 schwarze Zahlen zu schreiben. Dies werde auch gelingen, hieß es, allerdings werde es im kommenden Jahr noch Verluste geben. Ob die Bahn nach der Sanierung an die Börse gehen wird, ist derzeit noch unklar. Dies sei „derzeit nicht absehbar“, hieß es im Bundesfinanzministerium. Zunächst wolle man in dieser Wahlperiode die Kapitalmarktfähigkeit des Konzerns herstellen. Fachleute verstehen darunter eine Rendite von ungefähr zehn Prozent.

Derzeit hat die Bahn „noch freie Kapazitäten und damit ihr Marktpotenzial noch längst nicht ausgeschöpft“, sagte Bahn-Chef Hartmut Mehdorn am Mittwoch in Berlin. Gerade auf mittleren Strecken sei die Bahn zu teuer und im Vergleich zum Pkw nicht wettbewerbsfähig. Das werde sich mit dem neuen Preissystem ändern, kündigte Mehdorn an. Es soll die Auslastung der Fernverkehrszüge von derzeit 40 bis 45 Prozent auf 60 Prozent und den Gewinn um mindestens 100 Millionen Euro steigern. Mit den neuen Tarifen verlangt die Bahn auf Strecken über 180 Kilometer bis zu 27 Prozent weniger. Jedoch werden Fernverkehrs-Fahrscheine auf Strecken bis zu einer Entfernung von 100 Kilometern um bis zu zehn Prozent teurer. „Für Millionen Menschen wird Bahnfahren billiger“, versprach Mehdorn dennoch.

Eingeführt wird das neue System am 15. Dezember. Dann werden sich die Kunden auf zahlreiche Änderungen einstellen müssen. Je früher Fahrgäste ihr Ticket kaufen, desto mehr Rabatt können sie erzielen. Die Bahncard bringt nur noch 25 statt bislang 50 Prozent Ersparnis, wird dafür aber in der Anschaffung billiger. Gruppen und Familien fahren preiswerter als heute. Wer sparen will, muss sich allerdings auf einen bestimmten Zug festlegen. Das neue System sei „ein neues Kapitel in der Geschichte des Bahnfahrens“, sagte Mehdorn.

Mehrere Verbände begrüßten die Vereinfachung des Jahrzehnte alten Systems, kritisierten jedoch die neuen Rabatt-Regeln. „Wer mit der Bahn ähnlich flexibel reisen möchte wie mit dem Auto, zahlt künftig drauf“, kritisierten die Verbraucherzentralen und der Fahrgastverband Pro Bahn. Vor allem Vielfahrer und Wochenendpendler würden durch die geringeren Bahncard-Rabatte geschädigt. Der Sozialverband VdK sprach von „Abzockerei“ vor allem älterer und behinderter Menschen. Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen und Bahn-Aufsichtsrat, Albert Schmidt, bezeichnete als „Schwachpunkte der Preisreform“ die Regelungen für Regionalzüge. Da es im Nahverkehr keine Frühbucher-Rabatte gebe und die Ersparnis mit der Bahncard geringer sei, würden Pendler häufig benachteiligt, sagte er.

Unmut über die Änderungen äußerten auch die Verkehrsminister mehrerer Bundesländer. Bayerns Ressortchef Otto Wiesheu (CSU) erklärte, bei den Tarifen im Nahverkehr sei „das letzte Wort noch nicht gesprochen“. Auch hier müsse es Rabatte für Vielfahrer und Stammkunden geben, etwa mit einer regionalen Bahncard. Auch das niedersächsische Verkehrsministerium sah noch „Gesprächsbedarf“. Vor allem die hohen Stornogebühren von bis zu 45 Euro würden Autofahrer vom Umstieg auf die Bahn abhalten. Eine gemeinsame Haltung zum neuen Preissystem wollen die Länder-Verkehrsminister in der kommenden Woche auf einer Tagung in Meißen besprechen.

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