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Bahn: Milliarden sollen ins Schienennetz fließen

Union will SPD-Linke für Börsengang begeistern

Berlin - Die Union hat vorgeschlagen, einen großen Teil der Einnahmen aus der Bahn-Privatisierung für einen Ausbau der Schienen-Infrastruktur auszugeben. „Wir brauchen dringend eine Schienen-Offensive“, sagte Hans-Peter Friedrich (CSU), stellvertretender Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, dem Tagesspiegel am Sonntag. „Deshalb sollte man einen großen Teil des Geldes darauf verwenden, die gigantisch anwachsenden Verkehrsströme zu bewältigen.“ Verkehrs- und Wirtschaftspolitiker müssten jetzt dafür sorgen, dass die Mittel für ein „großes Transitprogramm“ ausgegeben werden, etwa, um die Seehäfen besser ans Hinterland anzubinden.

Es dürfe nicht sein, dass die Einnahmen im Bundesetat „einfach versanden“, wie Friedrich weiter sagte. Sein Vorstoß zielt offenbar auch darauf ab, die Kritiker in der SPD für einen Bahn-Börsengang zu begeistern. „Ein solcher Plan müsste im Interesse der Umweltpolitiker sein, vor allem auch der SPD“, sagte Friedrich.

Hintergrund: Regierung und Union favorisieren eine Privatisierung mit dem so genannten Holding-Modell, bei dem die Güter- und die Personenverkehrssparten des Konzerns zusammengefasst werden und ein Minderheitsanteil davon direkt oder über die Börse verkauft wird. SPD-Linke wie der Umweltpolitiker Hermann Scheer bestehen aber auf dem Volksaktien-Modell, wie es der SPD-Parteitag beschlossen hatte. Andere Vorgehensweisen müsste ein neuer Parteitag absegnen. Ohnehin pochen Parlamentarier nicht nur der SPD darauf, dass das Vorhaben noch dem Bundestag vorgelegt wird – auch wenn beim Holding-Modell ein Votum des Bahn-Aufsichtsrates ausreichen würde. Eine Privatisierung nach diesem Plan dürfte mindestens fünf Milliarden Euro einbringen. Wieviel Geld davon die Bahn abbekommt, ist noch unklar.

Das Bundesverkehrsministerium machte am Sonnabend deutlich, dass man die SPD bei der Entscheidung keinesfalls übergehen will. Man werde das Holding-Modell prüfen und das Ergebnis in der SPD-Führung und in den Gremien des Bundestages diskutieren, beteuerte ein Sprecher von Minister Wolfgang Tiefensee (SPD). „In dieser Sache wird es keine Entscheidung ohne die Partei oder an der Partei vorbei geben.“ Angesichts des Wahlergebnisses in Hessen will Tiefensee offenbar vermeiden, sich mit der erstarkten Linken in der SPD zu überwerfen – denn deren Blockade könnte den Börsengang vollends scheitern lassen.

Auch Unions-Vize Friedrich warb für ein behutsames Vorgehen. Man müsse auch die Bahn-Beschäftigten und die Gewerkschaften ins Boot holen. „Deshalb sollte man mit einem Privatisierungsanteil von 30 Prozent anfangen, um zu sehen, wie das Ganze läuft.“ Die Entscheidung wird nach der Hamburg-Wahl Ende Februar fallen. „Die Zeit drängt“, sagte Friedrich. Politik und Bahn wollen das Thema aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten, daher wird der Verkauf noch 2008 erfolgen. Bahn-Chef Hartmut Mehdorn macht Druck – er hat die Einnahmen schon für mehrere Expansionsprojekte eingeplant. Carsten Brönstrup

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