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Wirtschaft: Bahn streicht Neubaustrecken

Die Bundeszuschüsse reichen bis 2008 nur noch für begonnene Projekte und die Instandhaltung

Berlin - Das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn haben sich auf eine Liste mit Schienenprojekten geeinigt, die angesichts der angespannten Haushaltslage bis zum Jahr 2008 fortgeführt werden können. Wie das Ministerium am Donnerstag in Berlin mitteilte, können nun 66 Neu- und Ausbauprojekte, die bereits laufen, mit Geld rechnen. Insgesamt stehen dafür neben den jährlich 2,5 Milliarden Euro, die in jedem Fall in das bestehende Netz investiert werden sollen, 3,1 Milliarden Euro zur Verfügung. Neue Projekte werden vorerst nicht begonnen. Bahnsprecher Martin Walden sagte dem Tagesspiegel: „Die Reduzierung der Mittel ist für uns bitter. Aber angesichts der gegebenen Umstände ist die Einigung konstruktiv und vernünftig.“

Ursprünglich war die rot-grüne Bundesregierung mit dem Versprechen angetreten, die Schieneninvestitionen stark zu erhöhen. Zuletzt lagen die Infrastrukturzuschüsse bei rund vier Milliarden Euro pro Jahr. Doch globale Einsparungen im Bundeshaushalt und die so genannte Koch-Steinbrück-Liste, auf die sich Bundestag und -rat geeinigt haben, zwingen Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) zu starken Einschnitten.

Große Neubauten können mit den noch vorhandenen Mitteln nicht verwirklicht werden. So wird jetzt die Verbindung zwischen den Schnellfahrstrecken Rhein-Main und Rhein-Neckar, die etwa 1,6 Milliarden Euro kosten würde, auf Eis gelegt. Das gleiche gilt für den Ausbau der Anbindung von Frankfurt am Main an die Schnellfahrstrecke von Hannover nach Würzburg.

Der Verband der Bahnunternehmen und -industrie, Allianz pro Schiene, kritisierte den am Donnerstag vorgestellten Kompromiss heftig. „Die 3,1 Milliarden Euro sind lächerlich. Damit kann nichts wirklich neu gebaut werden“, sagte eine Sprecherin. Der Bund müsse in Instandhaltung und Aus- und Neubau des Schienennetzes mindestens vier Milliarden Euro pro Jahr stecken. Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB) begrüßte die Einigung grundsätzlich. Aber die Zahlen zeigten, „dass die Mittel für Ausbau und Erhalt des Streckennetzes unter dem tatsächlichen Bedarf liegen“.

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) ist sogar skeptisch, ob die jetzige Einigung überhaupt wirken wird. „Das Geld sehe ich noch nicht“, sagte der VCD-Bundesvorsitzende Michael Gehrmann. Die bisherigen Regierungsbeschlüsse zeigten ein anderes Bild. Außerdem sei es „verkehrspolitisch ein falsches Signal“, dass die Strecke Nürnberg–Erfurt weiter mit hoher Priorität versehen ist. Das Projekt sei im Verhältnis zum Nutzen teuer. Die Chance, die Projektplanung angesichts knapper Mittel zu optimieren, sei verpasst worden, sagte Gehrmann.

Karin Rehbock-Zureich, bahnpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, versicherte im Gespräch mit dem Tagesspiegel, dass es über die vom Ministerium zugesagten 3,1 Milliarden Euro je nach Haushaltslage zusätzlich eine weitere Milliarde geben werde. „Hier ist noch nicht klar, wie sie finanziert wird, aber dass es sie geben wird“, sagte Rehbock-Zureich. Allerdings sei auch klar, „dass die Verkehrsinfrastrukturzuschüsse nicht mehr ausschließlich aus dem Bundeshaushalt gespeist werden können“. Es sei zusätzliche Fantasie gefragt, sagte Rehbock-Zureich. Man müsse jetzt ernsthaft diskutieren, ob die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes nicht doch das Recht erhalte, Kredite aufzunehmen.

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