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Bahn-Streiks: Viele Ideen für die Lokführer

Die Bahn drängt die Gewerkschaft zu neuen Verhandlungen. Für einen eigenen Tarifvertrag sollen die Lokführer in eine Service-Gesellschaft ausgegliedert werden. Die Industrie lässt der Streik im Güterverkehr kalt.

Berlin - Die Lokführer haben seit Beginn ihres Streiks am Donnerstag den Schienen-Güterverkehr in Ostdeutschland weitgehend lahm gelegt. Im Westen fielen nach Angaben der Deutschen Bahn zwei von drei Zügen aus. Die Klagen der Wirtschaft hielten sich aber in Grenzen. Kompromisse zwischen der Gewerkschaft GDL und dem Unternehmen sind nicht in Sicht. Zwar sagte Bahn-Personalchefin Margret Suckale, man habe „viele Ideen“, wie der Tarifstreit zu lösen sei. GDL-Chef Manfred Schell drohte indes mit einer Verschärftung des Kampfes, solle die Bahn nicht einlenken.

„Der volkswirtschaftliche Schaden ist immens, und er wirkt sich zunehmend auch auf die Nachbarländer aus“, kritisierte Transport-Vorstand Norbert Bensel. Rund tausend Lokführer legten das Land lahm. Im Ausland warteten hunderte Züge darauf, dass sie wieder nach Deutschland hereinfahren könnten. Es sei der schlimmste Streik in der Geschichte der Bahn, die Auswirkungen würden für Wochen zu spüren sein.

Der Ausstand soll noch bis Samstagmorgen dauern. Die GDL will damit ihrer Forderung nach einem eigenständigen Tarifvertrag und deutlichen Lohnerhöhungen Nachdruck verleihen. GDL-Chef Schell zog eine positive Zwischenbilanz. „Es stehen über 1000 Züge in Deutschland.“ In zwei Schichten hätten 1800 Lokführer die Arbeit niedergelegt.

Die Industrie meldete dennoch keine großen Schäden. „Wir sehen zurzeit keine gravierenden Auswirkungen“, erklärte etwa ein Sprecher von Infra-Leuna, dem Chemiestandort in Leuna mit mehr als 9000 Beschäftigten. Zwar würden rund 70 Prozent der Produktion über die Schiene wegtransportiert. Aber die Hälfte werde über Privatbahnen abgewickelt. Auch im ostdeutschen BASF-Standort Schwarzheide kamen alle Züge planmäßig an. Viele Firmen hatten vorgesorgt. So berichteten die Energiekonzerne Vattenfall und Eon-Energie, es seien Kohle-Vorräte angelegt worden. Die Autohersteller Porsche und Volkswagen, die vor Streikbeginn Kurzarbeit nicht ausgeschlossen hatten, berichteten von reibungsloser Produktion. Beim zweitgrößten deutschen Stahlhersteller Salzgitter war von leichten Verzögerungen die Rede. Auch in den Seehäfen lief der Güterumschlag weitgehend normal. Eine Sprecherin der Hamburger Hafenbehörde sagte, wegen des Streiks seien 25 bis 30 Prozent der täglich 200 Züge ausgefallen.

Die Bahn signalisierte erneut Gesprächsbereitschaft. Zu Gerüchten, die Bahn wolle die Lokführer in eine eigene Gesellschaft auslagern und ihnen dort mehr Geld zahlen, sagte Personalchefin Suckale, dies sei kein Thema. GDL-Vizechef Claus Weselsky bezeichnete ein solches Modell indes als „interessant“. Suckale will der Gewerkschaft neue Überlegungen zu einer Beilegung des Streits unterbreiten. Dies gehe aber nur in persönlichen Gesprächen, sagte sie. GDL-Chef Schell lehnte dies ab und forderte zuvor ein neues, besseres Angebot. Lenke die Bahn nicht ein, werde die GDL am Montag über eine Ausweitung des Ausstandes auf alle Transportbereiche entscheiden.

In der Bevölkerung steigt derweil die Unterstützung für den Streik. 57 Prozent der Befragten hielten ihn für berechtigt, ergab eine Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF und den Tagesspiegel. Anfang Oktober habe die Zustimmung noch bei 45 Prozent gelegen.

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