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Bahn-Tarifstreit: Jubel über Streikerfolg - Schlappe vor Gericht

Mit einem ganztägigen Streik hat die Gewerkschaft GDL den S-Bahn und Regionalverkehr in vielen Teilen Deutschlands lahmgelegt. Ab Mittwoch drohen die Lokführer mit einem neuen Arbeitskampf, sollte die Bahn am Montag kein akzeptables Angebot vorlegen.

Millionen Pendler und Reisende mussten heute Verspätungen in Kauf nehmen. Viele stiegen aufs Auto, auf Busse oder auch auf U-Bahnen um. Auf den Zufahrtsstraßen von Großstädten kam es teils zu langen Staus. Das allgemein erwartete Chaos blieb jedoch aus. "Viele Reisende haben sich auf die Situation eingestellt", sagte ein Bahn-Sprecher. Die GDL wollte den Streik um Mitternacht beenden.

Für Samstag rechnet die Bahn "mit einem weitgehend planmäßigen Zugverkehr". Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass es in Einzelfällen noch zum Ausfall von Nahverkehrszügen komme, weil durch den Streik die Bereitstellung der Fahrzeuge erschwert werde, teilte die Bahn am Freitagabend mit.

Über das Ausmaß der Streikfolgen kamen beide Seiten zu unterschiedlichen Ergebnissen. Nach Unternehmensangaben fiel deutschlandweit etwa ein Drittel aller Regionalzüge und S-Bahnen aus. GDL-Chef Manfred Schell sprach dagegen von einer Ausfallquote von 85 Prozent. Der Fernverkehr, der nicht bestreikt wurde, ist laut Bahn nahezu störungsfrei gelaufen. Fernzüge hätten insgesamt 160 Mal zusätzlich gehalten, um Fahrgäste mitzunehmen, deren Regionalbahn nicht gekommen sei. Besonders betroffen waren die neuen Bundesländer. Die DB Regio sei in Mitteldeutschland und Mecklenburg-Vorpommern nur mit zehn Prozent der üblichen Leistungen gefahren.

Schwerpunkte der Streikaktionen waren die S-Bahnen in München, Stuttgart und Halle/Leipzig sowie Rostock. Bei der Berliner S-Bahn fuhren die Züge am Nachmittag laut Bahn im 20-Minuten-Takt, in Hamburg verkehrten rund zwei Drittel aller S-Bahnen. Zum Abend hin nahm nach Bahnangaben in Düsseldorf beispielsweise die Zahl der fahrenden Züge wieder zu, und die Lage entspannte sich etwas.

Die Gewerkschaft will mit dem Streik einen eigenständigen Tarifvertrag und deutlich höhere Löhne durchsetzen. Die Bahn kritisierte die Arbeitsniederlegungen als "unsinnig", weil der Konzern für diesem Montag bereits ein neues Angebot angekündigt habe. Das neue Tarifangebot müsse "tragbar" sein, sagte Schell. Dann werde bis 31. Oktober nicht mehr gestreikt. Anderenfalls könnte es am Mittwoch wieder zu Streiks kommen. Er hoffe, dass das Angebot "eine Grundlage bietet, erstmals erfolgreich mit der GDL über einen eigenständigen Tarifvertrag zu verhandeln", sagte Schell.

Bahn-Personalvorstand Margret Suckale will in dem neuen Angebot der Bahn auf eine ausgeglichene Lohnstruktur achten. "Wir werden am Montag nochmals ein neues Angebot vorlegen, aber weiterhin die Lohngerechtigkeit in unserem Konzern mit 240 000 Beschäftigten wahren", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Samstag).

Während des Streiks verpflichtete die Bahn nach eigenen Angaben etwa 90 Lokführer zu Notdiensten, vor allem in Ostdeutschland. Die GDL wollte dies per Einstweiliger Verfügung verbieten lassen, unterlag aber vor dem Arbeitsgericht Berlin. Sie kündigte Berufung gegen die Entscheidung an. Dadurch dass der Antrag abgelehnt worden sei, könne die Bahn nun im Falle eines Streiks "alles als Notfall deklarieren" und damit den Ausstand unterlaufen, sagte der GDL- Bezirksvorsitzende für Berlin, Sachsen und Brandenburg, Hans-Joachim Kernchen. (mit dpa)

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