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Einen Funken Hoffnung gibt es noch, dass sich die Bahn mit den drei betroffenen Schienenlieferanten außergerichtlich einigt. Foto: ddp

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Wirtschaft: Bahn verklagt die Schienenfreunde

Drei Lieferanten sollen wegen Kartellabsprachen 550 Millionen Euro zahlen, darunter Thyssen-Krupp.

Frankfurt am Main - Die Deutsche Bahn geht mit aller Härte gegen ihre Schienenlieferanten vor. Beim Landgericht Frankfurt reichte der Konzern eine Schadensersatzklage gegen Thyssen-Krupp, die tschechische Moravia Steel sowie Vossloh ein, wie das Staatsunternehmen am Donnerstag in Berlin mitteilte. Nach Angaben des Landgerichts will die Bahn von den Stahlfirmen 550 Millionen Euro haben.

Die beklagten Firmen hatten über Jahre hinweg Preise und Mengen auf dem deutschen Schienenmarkt abgesprochen. Das Bundeskartellamt hatte die Unternehmen bereits im Juli zu einem Bußgeld von 124,5 Millionen Euro verurteilt. Den Großteil der Summe musste mit 103 Millionen Euro Thyssen-Krupp tragen.

An dem Kartell, dessen Mitglieder sich selbst Schienenfreunde nannten, war auch Voestalpine aus Österreich beteiligt. Anders als bei Thyssen-Krupp, Vossloh und Moravia sieht der Logistikkonzern bei dem Stahlkocher aus der Alpenrepublik Chancen auf eine außergerichtliche Einigung. Voestalpine bestätigte, dass Gespräche über Schadensersatz mit der Bahn laufen. Zum Inhalt machte ein Sprecher indes keine Angaben.

Die Bahn hatte auch mit den nun verklagten Konzernen Gespräche über eine außergerichtliche Lösung geführt. „Bisher können wir bei den Unternehmen keine zielführende Mitwirkung an einem Vergleich feststellen“, erklärte Bahn-Vorstand Gerd Becht. Einige hätten sogar die Gespräche abgebrochen.

Thyssen-Krupp wies dies zurück. „Wir führen über einen Schadensausgleich seit Monaten Gespräche mit der Bahn und haben keinen Anlass für die Klageerhebung zum jetzigen Zeitpunkt gegeben“, sagte ein Sprecher. Die Klage sei wohl eingereicht worden, um eine Verjährung der Ansprüche zu verhindern.

Durch die Absprachen wurde vor allem die Bundesrepublik geschädigt. Denn Investitionen in die Schieneninfrastruktur werden weitgehend aus dem Staatshaushalt gedeckt. Sollte die Bahn auf dem Rechtsweg oder außergerichtlich Schadensersatz erstreiten, dann geht das Geld an den Bund. Auch wenn die Bahn nach eigenem Bekunden „sehr gute“ Erfolgschancen sieht, ein Selbstläufer wird das Verfahren nicht. Denn nach Recherchen des „Handelsblatt“ war das Unternehmen über das illegale Treiben seit Jahren informiert.

In einem Brief aus dem Jahr 2000 heißt es, dass bei einer internen Untersuchung eindeutige Belege für Absprachen gefunden worden waren. Das meldete die Bahn auch an die Staatsanwaltschaft Frankfurt, die aber damals keine Veranlassung für ein Verfahren sah. Warum die Behörde zu der Entscheidung kam, kann die Staatsanwaltschaft heute nicht mehr erklären. Die Ermittler aus dem Jahr 2000 seien nicht mehr bei der Behörde, wie eine Sprecher erklärte.

Warum die Bahn das Kartell vor zwölf Jahren nicht zerschlug, darüber liefert eine Zeuge beim Bundeskartellamt ein mögliche Antwort. Demnach gab es ein Koppelgeschäft: Thyssen-Krupp blieb demnach Kunde der Frachttochter DB Cargo und sicherte dem Konzern damit solide Einnahmen. Die Bahn tolerierte im Gegenzug das Kartell, was wirtschaftlich für sie keine Belastung darstellte. Denn die Kosten für die Gleise übernahm der Bund. Die Bahn weist dies zurück.

Aber auch das Kartellamt kritisierte die passive Haltung der Bahn. „Über Jahre hinweg fielen der DB die nahezu unveränderten Marktanteile der Schienenlieferanten nicht auf, da es offenbar keine internen Kontrollen gab“, heißt es in dem Bußgeldbescheid, der dem „Handelsblatt“ vorliegt.HB

Martin Murphy

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