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Wirtschaft: Bahnchef Ludewig übt Selbstkritik und gelobt Besserung

Das "Test"-Urteil werde "intensiv diskutiert" - ein neues EDV-System soll Abhilfe schaffenro Die von der Stiftung Warentest registrierten Mängel bei Service und Pünktlichkeit der Bahn müssen nach Ansicht von Bahn-Chef Johannes Ludewig sehr ernst genommen werden. Über Schwachstellen werde man intensiv diskutieren, meinte Ludewig in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel.

Das "Test"-Urteil werde "intensiv diskutiert" - ein neues EDV-System soll Abhilfe schaffenro

Die von der Stiftung Warentest registrierten Mängel bei Service und Pünktlichkeit der Bahn müssen nach Ansicht von Bahn-Chef Johannes Ludewig sehr ernst genommen werden. Über Schwachstellen werde man intensiv diskutieren, meinte Ludewig in einem Gespräch mit dem Tagesspiegel. An personelle Konsequenzen bei den zuständigen Tochtergesellschaften DB Reise&Touristik und DB Regio denkt der Bahn-Chef aber nicht.

Maßnahmen habe die Bahn aber schon in Angriff genommen: Zum Fahrplanwechsel im Mai 2000 will sie auf ein neues Preissystem umstellen. Dabei soll nicht mehr nur nach Entfernung, sondern nach Qualität der Verbindung, nach Tagen und Tageszeiten differenziert werden. Bis 2001 soll das System komplett eingeführt sein. Dann könnte es bei der Bahn auch Last-Minute-Preise geben. Ludewig erhofft sich durch die Umstellung eine bessere Auslastung der Züge und damit höhere Einnahmen. Teurer soll es für die Fahrgäste nicht werden, betont er.

Für Verbesserung soll dann auch ein neues EDV-System sorgen. Hard- und Software der Bahn seien an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Im vergangenen Jahr konnte die Bahn die Computer für ihre Sommer-Spezial-Preise nicht nutzen. Statt dessen wurden Strichlisten geführt.

Die Probleme mit der Pünktlichkeit lastet die Bahn zum Teil auch der hohen Bautätigkeit an. Ein effizienteres Baustellen-Management soll Verbesserungen bringen. Die vielen Baustellen sind allerdings auch Beleg dafür, dass das 38 500 Kilometer lange Streckennetz der Bahn erneuerungsbedürftig ist. Hier hat die Bahn nun Kurs gewechselt: Teure Neubaustrecken stehen nicht mehr im Vordergrund, vielmehr soll die Qualität des vorhandenen Netzes verbessert werden. Die Bahn zielt mit dieser Strategie "Netz 21" auf eine "Entmischung" der Verkehre. 10 000 Kilometer sollen ausschließlich für schnelle Züge freigehalten werden, 10 000 für den gemischten Verkehr, die restlichen 18 500 Kilometer für den langsameren Regionalverkehr. Diese für die Bahn, so Ludewig, "existentiell wichtige" Modernisierung des Netzes hat freilich für andere Projekte Konsequenzen. Großvorhaben werden nun genau auf ihren unmittelbaren wirtschaftlichen Nutzen überprüft, die ICE-Strecke in Thüringen und Bahnhofsprojekt in Stuttgart wurden vorerst gestoppt. Wegen der knappen Finanzmittel brauche man ausgewogene Entscheidungen, sagt Ludewig. Am Transrapid aber hält er weiter fest. Die Magnetbahn sei auch bei reduziertem Fahrgastaufkommen "geschäftspolitisch darstellbar".

Indirekt übt Ludewig inzwischen deutliche Kritik an seinem Vorgänger Heinz Dürr. Zu den Fehlern, die der Bahn heute Probleme bereiten, gehören die in der Vergangenheit angekurbelten Großprojekte wie Stuttgart 21, der Verkauf von wichtigen Bereichen der Gütersparte, Verzögerungen bei der Ausarbeitung eines neuen Preissystems und generell eine mangelhafte ganzheitliche Betrachtung des gesamten Schienennetzes der Bahn. Ludewig hat aber auch die Politiker im Auge: Die Bahn werde im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern überdurchschnittlich belastet. Binnenschiff- und Luftverkehr zahlten keine Treibstoffsteuern, die Bahn werde jedes Jahr mit 400 Mill. DM Mineralölsteuer belastet. Die Ökosteuer habe diesen Nachteil noch vergrößert.

Dennoch: Trotz des deutlichen Rückgangs im Güterverkehr im ersten Halbjahr erwartet Ludewig im laufenden Jahr für die Bahn ein "stabiles Ergebnis". © 1999

ro

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