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Wirtschaft: Bahnlobby bremst Riesen-Lkw Gutachten hält Plan zur Einführung für rechtswidrig

Berlin - Jens Stapelmann versteht die Aufregung nicht. Jeden Morgen rollen seine Lastwagen vom Hof, transportieren Solarmodule und Paletten quer durch Mecklenburg-Vorpommern.

Berlin - Jens Stapelmann versteht die Aufregung nicht. Jeden Morgen rollen seine Lastwagen vom Hof, transportieren Solarmodule und Paletten quer durch Mecklenburg-Vorpommern. Und das umweltfreundlicher und billiger als andere, unterstreicht Stapelmann, Niederlassungsleiter bei der Spedition Krüger und Voigt in Parchim. Probleme oder Unfälle? „Nicht ein einziger in drei Jahren“, sagt er.

Trotzdem sorgen Lastwagen wie die von Stapelmann für jede Menge Ärger. Sie sind eine ungewohnte Erscheinung auf Deutschlands Straßen – weil sie 25 Meter messen, knapp sieben mehr als gewöhnlich. Von „Gigalinern“ oder „Monstertrucks“ sprechen jene, die diese Fahrzeuge für gefährlich halten. „Eurocombis“ oder „Lang-Lkw“ heißen sie dagegen bei Befürwortern wie Stapelmann.

Auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) findet die langen Lkw gut. Er will ausprobieren lassen, wie sie sich bundesweit auf Autobahnen machen. Doch mit dieser Idee stößt er auf Widerstand. „Klar verfassungswidrig“ sei der Test, findet der Rechtsprofessor Ulrich Battis. In einem Gutachten, das er am Freitag vorstellte, lehnt er Ramsauers Plan ab. Auch die meisten Länder, darunter neben Berlin und Brandenburg Transitländer wie Nordrhein-Westfalen und Baden- Württemberg, gehören zur Gegnerschaft, ebenso der Autoklub ADAC. Weil sein Vorstoß im Bundesrat derzeit keine Chance hat, will Ramsauer den Feldversuch an den Ländern vorbei organisieren – per Ausnahmeverordnung. Dagegen richtet sich das neue Gutachten. Wenn die neuen Fahrzeuge auf den Straßen auftauchten, sei dies eine so gravierende Änderung, dass die Länderkammer „zwingend“ eingebunden werden müsse, urteilte Jurist Battis. Von einer „Ohrfeige für Ramsauer“ sprach Dirk Flege, Geschäftsführer der Eisenbahnlobby Allianz pro Schiene. Kein Wunder: Er hat die Expertise in Auftrag gegeben. Klagen in Karlsruhe gegen Ramsauers Verordnung hält er für „so sicher wie das Amen in der Kirche“.

Flege und die Seinen fürchten, dass mit den Lang-Lkw noch mehr Güter auf der Straße befördert werden. Zudem argwöhnen sie, dass die Großtransporter zu mehr und heftigeren Unfällen führen könnten. Die Befürworter – Logistikbranche und Autoindustrie – halten dagegen: Zwei große könnten drei herkömmliche Lkw ersetzen und das sei gut für die Umwelt.

Das Verkehrsministerium hält sein Vorgehen für rechtlich wasserdicht. Die beteiligten Stellen und Ministerien hätten keine Bedenken, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Andreas Scheuer (CSU) dem Tagesspiegel. Man wolle den Feldversuch aber „in Kooperation und nicht in Konfrontation“ mit den Ländern vorbereiten, zudem solle er „unvoreingenommen und ergebnisoffen“ stattfinden. Die Länder könnten nun zwei Wochen länger als vorgesehen Einwände vorbringen.

Ein anderes heikles Thema will das Ministerium offenbar nicht im Eiltempo durchsetzen: Die Einführung einer Pkw- Maut werde auf jeden Fall länger als sechs Monate dauern, hieß es in Ramsauers Ressort. Am Donnerstag hatte der CSU-Politiker erklärt, die Maut „baldmöglichst“ binnen sechs bis zwölf Monaten einführen zu wollen. Carsten Brönstrup

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