zum Hauptinhalt
Auf Achse. Die Bahn braucht dringend neue ICEs, weil die alten Züge seit dem Achsbruch im Jahr 2008 häufiger überprüft werden.

© dapd

Bahnverkehr: Ramsauer will schneller Fahrt aufnehmen

Sie sind gebaut, aber stehen herum: Der Verkehrsminister will, dass Züge schneller zugelassen werden. Am Donnerstag lädt Ramsauer zu einem Bahn-Gipfel.

Die Bundesregierung will dafür sorgen, dass neue Züge in Deutschland schneller eine Zulassung bekommen. Dazu hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer die Industrie, die Bahnbetreiber und das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) für kommenden Donnerstag zu einem Bahn-Gipfel eingeladen. Es gelte, „die Zulassungsverfahren zu optimieren“, sagte der CSU-Politiker dem Tagesspiegel am Sonntag.

Damit reagiert Ramsauer auf die heftige Kritik aus der Branche an der bisherigen Praxis. Immer wieder kommen neue Loks und Triebzüge nur mit erheblicher Verspätung auf die Schiene. Der Industrie zufolge steht für derzeit 140 Fahrzeuge im Gesamtwert von gut einer halben Milliarde Euro die behördliche Genehmigung aus. Die Schuld schieben sich die Hersteller und die Prüfbehörde – das EBA – gegenseitig zu. Bombardier, Siemens oder Alstom bemängeln, dass das Bundesamt immer neue Nachweise fordere und so den Prozess in die Länge ziehe. Das EBA weist dies zurück und erklärt, es halte sich nur an die Gesetze.

Die angekündigte Reform bei der Zug-Zulassung macht deutlich, dass der massive Druck von Herstellern und Bahn auf Ramsauers Ressort offenbar Wirkung zeigt. Kurz vor Weihnachten hatten beide in einem Fachgespräch das EBA scharf attackiert. Als „absolut unbefriedigend“ hatte Bombardier-Deutschland-Chef Michael Clausecker die Lage bezeichnet. „Der Aufwand für die Zulassung in Deutschland ist zehnmal größer als in jedem anderen europäischen Land.“ Rüdiger Grube, Chef der Deutschen Bahn, hält es sogar für möglich, dass sich die Hersteller angesichts der ständigen Konflikte vom deutschen Markt zurückziehen. Der Konzern sorge sich, „dass wir bald einem Monopol ausgesetzt sind“, betonte Grube.

Es gelte unbedingt, „weitere Imageschäden bei Herstellern und Betreibern“ zu vermeiden und kurzfristig tätig zu werden, heißt es nun im Verkehrsministerium. Möglicherweise laufen Ramsauers Pläne darauf hinaus, das Eisenbahn-Bundesamt teilweise zu entmachten. Wie in der Autobranche könnten in Zukunft externe Prüfer wie der Tüv oder die Dekra Normen und Vorschriften an einem Zug prüfen. Dafür hatten sich Bahn und Industrie zuletzt stark gemacht und auf die Luftfahrtindustrie verwiesen, wo dies gängige Praxis sei. In den vergangenen Jahren hatte sich Ramsauer schon mehrfach in den Streit der Branche eingeschaltet. Anfang 2011 schickte er Beamte in das „Talent“-Werk in Hennigsdorf, die die Produktion überwachen sollten. Später ließ er die Zulassung von Zügen vereinfachen, etwa von baugleichen und ähnlichen Exemplaren. Gebracht hat dies bislang aber offenbar wenig.

Beispiele für Verzögerungen sind der Regionalzug „Talent 2“ von Bombardier. Der 2008 erstmals präsentierte Zug wies nach der Herstellung zahlreiche Mängel auf, das EBA verweigerte immer wieder die Zulassung. Lieferverzögerungen gibt es auch bei 16 neuen ICE-Zügen von Siemens. Sie sollten eigentlich schon seit Ende 2011 rollen, aber Siemens hat noch erhebliche Probleme mit der Software und den Bremsen. Das Problem wird in den kommenden Jahren noch drängender, da derzeit rund die Hälfte des regionalen Schienenverkehrs neu aufgeteilt wird. Betreiber, die den Zuschlag für eine Strecke bekommen, rechnen mit einer Lieferzeit für neue Fahrzeuge von drei bis vier Jahren bis zur Betriebsaufnahme. Können die Hersteller dann nicht liefern, gibt es Einschränkungen im Zugverkehr – oder die Passagiere müssen mit Uralt-Material Vorlieb nehmen.

Zur Startseite