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Wirtschaft: Bank Austria lockt Anleger aus der Reserve

Erster großer Börsengang seit Monaten als Test für Neuemissionen – Warten auf T-Mobile

Berlin . Die Börsengänge der Bank Austria und des britischen Telefonbuch-Verlegers Yell in der kommenden Woche regen die Fantasie der Anleger an. Kommt das Geschäft mit Neuemissionen wieder in Gang? Wehmütig denken Banker, Börsianer und Vorstände an die Jahre 1999 und 2000 zurück, als die Aktien von Startup-Firmen und New-Economy-Gründern am Neuen Markt reißenden Absatz fanden. Allein 1999 gingen 168 Unternehmen an den Markt. Im Jahr darauf waren es noch 153. Dann stürzten die Börsen ab, das IPO-Geschäft (IPO=Initial Public Offering) kam zum Stillstand. Im vergangenen Jahr wagten hier zu Lande gerade mal vier Unternehmen den Gang aufs Parkett – mit wenig Glück. Der Berliner Finanzdienstleister Tradinghouse.net brach bis heute um 80 Prozent ein. Der Kurs der Freiburger Solar-Fabrik AG büßte die Hälfte seines Wertes ein. Und wer geht 2003 an die Börse?

„Vorsichtig formuliert, könnte man sagen: Es herrscht tote Hose“, gibt ein Frankfurter Banker zu. Allerdings helle sich die Stimmung in den Fachabteilungen der Geldinstitute langsam wieder auf. Der Dax hat das beste erste Halbjahr seit fünf Jahren hinter sich, die ersten Zeichen deuten auf einen Aufschwung im kommenden Jahr hin, und gelungene Kapitalerhöhungen – am Dienstag kündigte der Darmstädter Pharmakonzern Merck an, er werde sein Gunrdkapital um zehn Prozent erhöhen – haben die Experten hellhörig gemacht. „Die Unternehmen sind wieder bereit, über Börsengänge nachzudenken“, sagt Jochen Grossmann, Leiter der Abteilung Capital Markets & Advisory der Commerzbank. „Bevor man allerdings von einem Geschäft sprechen kann, wird es 2004.“ Auch Jobst Bartmer, bei der Landesbank Baden-Württemberg für Aktien-Neuemissionen zuständig, erwartet „frühestens Ende des Jahres“ den ein oder anderen Börsengang in Deutschland. Unternehmen, die bis dahin börsenreif sein wollen, müssen sich allerdings beeilen. „IPOs werden langfristig geplant“, sagt Bartmer. „Wer 2003 noch an die Börse will, hätte im März mit den Vorbereitungen anfangen müssen.“ Damals lag der Dax jedoch mit 2200 Punkten am Boden und niemand dachte daran, sich an der Börse Geld zu beschaffen.

So tröstet sich die Branche einstweilen mit den beiden ersten großen Börsengängen in Europa, die einen Hinweis darauf geben sollen, wie aufnahmefähig der Kapitalmarkt für neue Aktien ist. Am 9. Juli wird die Hypo-Vereinsbank 25 Prozent ihrer Tochter Bank Austria mit einem Wert von bis zu 1,18 Milliarden Euro an der Börse Wien platzieren. Einen Tag später werden zum ersten Mal die Aktien von Yell, dem Verleger der britischen Gelben Seiten, an der Börse in London gehandelt. Die Erstemission soll nach Yell-Angaben vom Dienstag die Kassen des mit 3,48 Milliarden Euro verschuldeten Unternehmens mit 433 Millionen Pfund (rund 620 Millionen Euro) auffüllen.

„Es ist wichtig, dass die Platzierung der Bank Austria gelingt“, sagt Commerzbank-Experte Grossmann. Bleibe der erste große IPO dieses Jahres hinter den Erwartungen zurück, sei „der Markt gleich wieder dicht“. Zwar habe sich das Börsenumfeld verbessert. Aber: „Wir haben uns in Deutschland stärker als andere die Finger verbrannt.“ Die Großbanken seien deshalb „viel vorsichtiger“ geworden.

Als Testfall für die deutsche Börse betrachten die Experten den mehrfach verschobenen Börsengang der Telekom-Tochter T-Mobile. Doch der Bonner Konzern lässt sich nicht aus der Reserve locken. Im März wurde T-Mobile erst einmal in eine Personengesellschaft umgewandelt. Die Telekom verspricht sich davon steuerliche Vorteile und versichert, dass die gesellschaftsrechtliche Umwandlung einen Börsengang nicht behindere. „Es war aber auch ein Zeichen dafür, dass wir keine kurzfristigen Börsenpläne haben“, schränkte ein Telekom-Sprecher am Dienstag ein. Auf ein Signal zum Aufbruch am deutschen Neuemissionsmarkt müssen Anleger weiter warten.

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