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Verbraucher haben kaum einen Überblick, welche Banken den günstigsten Zinssatz auf Dispokredite anbieten.

© dpa

Aigner: Dispozinsen müssen sinken

Deutsche Geldhäuser können sich derzeit so günstig mit Geld versorgen wie nie. Der Verbrauchter merkt davon wenig - im Gegenteil. Wer das Konto überzieht, bezahlt überhöhte Zinssätze, kritisiert die Bundesregierung.

Von Carla Neuhaus

Berlin - Die deutschen Banken können sich derzeit so günstig refinanzieren wie nie – erst kürzlich hat die Europäische Zentralbank den Leitzins auf 0,75 Prozent gesenkt. Doch wer als Verbraucher sein Konto überzieht, spürt von dieser Niedrigzinsphase wenig. Die Banken verlangen von ihren Kunden Dispozinsen von durchschnittlich zehn bis elf, einzelne Institute sogar von bis zu 14 Prozent. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt deshalb jetzt, die Institute müssten „für faire Konditionen und volle Transparenz“ sorgen. Sie legte am Donnerstag ein Gutachten vor, demzufolge die Erträge aus dem Dispokreditgeschäft die Kosten deutlich übersteigen. Es sei naheliegend, heißt es darin, dass die Dispozinsen von den Banken „zur Quersubventionierung anderer Leistungen oder zur Gewinnsteigerung verwendet werden“.

Nach Angaben des Verbraucherministeriums nimmt derzeit jeder sechste Haushalt regelmäßig einen Dispokredit in Anspruch. Die Banken begründen die hohen Zinsen damit, dass die Kunden den Dispo spontan nutzen können: „Diese hohe Flexibilität spiegelt sich auch in höheren Zinsen im Vergleich zum Ratenkredit wider“, schreibt der Spitzenverband Deutsche Kreditwirtschaft. Die genaue Höhe der Dispozinsen variiert dabei von Bank zu Bank leicht. Bei der Berliner Volksbank zahlen die Kunden zum Beispiel 13 Prozent, bei der Berliner Sparkasse 13,25 Prozent und bei der Sparda Bank Berlin 12,9 Prozent.

Seit 2010 müssen die Institute einen Referenzzins für ihre Dispozinsen benennen. An welchem Zins sie sich orientieren, ist unterschiedlich – manche Banken nehmen zum Beispiel den EZB–Leitzins andere den Interbankenzins Euribor. „Das Problem ist, dass die Banken sich in einer Niedrigzinsphase an den Referenzzins gebunden haben und die Dispozinsen schon damals auf einem sehr hohen Niveau waren“, sagt Max Herbst von der FMH Finanzberatung. Bei dem aktuellen Zinsniveau wären Dispozinsen von unter zehn Prozent angemessen, findet Stephanie Pallasch von der Stiftung Warentest.

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Verbraucherschützer bemängeln zudem, dass es den Kunden sehr schwer gemacht wird, die Dispozinsen der Banken zu vergleichen. „Weniger als die Hälfte von ihnen hat die Höhe des Dispozinses auf ihrer Internetseite veröffentlicht“, sagte Pallasch. Verbraucherschutzministerin Aigner fordert deshalb mehr Transparenz. „Es kann nicht sein, dass man eine Stunde lang auf der Internetseite einer Bank suchen muss, bis man die Höhe der Dispozinsen findet.“

SPD und Grünen geht die Forderung nach mehr Transparenz nicht weit genug. Sie wollen die Dispozinsen nach oben begrenzen. Der baden-württembergische Wirtschafts- und Finanzminister Nils Schmid (SPD) kündigte eine Bundesratsinitiative an. Auch der Verbraucherzentrale  Bundesverband (VZBV) betonte, die Gewinnmaximierung zulasten der Verbraucher gelinge nur mit „einer gesetzlichen Deckelung des Zinssatzes“

Experten halten das für wenig zielführend. „Eine feste Deckelung des Dispozinses bringt gar nichts“, sagte Finanzexperte Herbst. Denn steige der Leitzins, würde die Höhe dieses Deckels auch wieder in Frage gestellt. „Sinnvoller wäre es, die Marge der Banken zu begrenzen“, sagte er. Als Marge wird das bezeichnet, was die Institute am Dispozins verdienen – sie entspricht der Differenz zwischen Referenzzins und Dispozins. „Sie sollte bei maximal sechs bis acht Prozent liegen“, sagt Herbst. Bei der derzeitigen Höhe der Dispozinsen kassierten die Banken jedoch Margen von um die zehn Prozent. Um unnötige Kosten zu vermeiden, raten Verbraucherschützer, das Girokonto nur kurzfristig zu überziehen. Wer längerfristig Geld brauche, sollte auf einen Ratenkredit umschulden.

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