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Stühlerücken bei der Deutschen Bank

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Banken: Die Kronprinzen der Deutschen Bank

John Cryan hat zwei neue Stellvertreter – die beiden Deutschen sind recht unbekannt, aber könnten den Bankchef bald beerben.

Christian Sewing und Marcus Schenck – in Bankenkreisen sind die beiden Namen bekannt. Die meisten außerhalb dürften sich fragen: Christian wer? Marcus wie? Das wird sich mittelfristig ändern. Erstmals in ihrer knapp 150-jährigen Geschichte hat Deutschlands größtes Geldhaus zwei stellvertretende Vorstandsvorsitzende. Anfang März ernannte der Aufsichtsrat die beiden noch jugendlichen Manager – Schenck ist Jahrgang 1965, Sewing 1970 – zu gleichberechtigten Stellvertretern von John Cryan – auf ausdrücklichen Wunsch des Briten, wie der in einer Nachricht an die rund 101 000 Beschäftigten der Bank betont.

Die Entscheidung für zwei „Kronprinzen“ ist ein Signal. Die Deutsche Bank soll wieder ein Stück deutscher werden. „Die deutsche Fraktion hat eine Schlacht gewonnen“, sagt Dieter Hein, Bankenexperte beim Analysehaus Fairesearch. Nach wie vor sitzen aber nur vier Deutsche im elfköpfigen Vorstand der Bank. Der letzte deutsche Vorsitzende war Rolf Breuer. Doch das ist 15 Jahre her. Dann kam der Schweizer Josef Ackermann, 2012 rückte der Brite Anshu Jain an die Spitze, als Ko-Chef mit dem Deutschen Jürgen Fitschen. Seit Juli 2015 ist es Cryan, zunächst mit Fitschen, seit Juni 2016 alleine.

Cryan zeigt keine Amtsmüdigkeit

Der Brite sitzt fest im Sattel. Cryan, der das Geldhaus durch die schwerste Zeit seiner Geschichte führt, lässt trotz Dauerstress keine Amtsmüdigkeit erkennen. Ruhig lenkt er den Konzern. Er spricht stets mit leiser, unaufdringlicher Stimme, geht aber entschieden vor. Mit Erfolg und für viele Milliarden beendet er nicht nur unselige Rechtsstreitigkeiten. Er hat dem Geldhaus eine neue Struktur verliehen, auch im Vorstand. Cryan kennt die Bank genau, schließlich saß er vor seinem Amtsantritt bereits zwei Jahre im Aufsichtsrat.

Bei ihm wie auch beim nicht unumstrittenen Aufsichtsratschef Paul Achleitner wuchsen offenbar zwei Erkenntnisse: Mittelfristig braucht die Deutsche Bank wieder einen Deutschen an der Spitze. Und ein Gezänk um die Nachfolge wie 2012 beim Abgang von Ackermann darf sich nicht wiederholen. Cryans Vertrag läuft aber noch bis Sommer 2020. Nichts deutet darauf hin, dass er früher gehen will. „Es gibt aber von ihm auch keine klaren Worte, ob er nach 2020 weitermachen will“, sagt Hein. Insofern seien die beiden „Kronprinzen“ ein Signal.

Schenck ist versierter Investmentbanker

Denen mangelt es nicht an Ehrgeiz und Selbstbewusstsein, sie trauen sich den Job als neuer Spitzenmann der Deutschen Bank ohne Zweifel zu. Aber sie halten sich zurück. Schließlich kann in drei Jahren viel passieren. Die Karrieren der beiden Banker können sich sehen lassen, sind aber höchst unterschiedlich verlaufen. Schenck, seit Mai 2015 im Vorstand und Finanzchef, hat in Bonn und Berkeley studiert und promoviert, geht danach zur Unternehmensberatung McKinsey. 1997 heuert er bei der US-Investmentbank Goldman Sachs an, wird 2002 im Alter von nur 37 Partner. 2006 folgt der Energieriese Eon, wo er bis 2013 als Finanzvorstand agiert. Dann kehrt Schenck zu Goldman zurück, verantwortet das Investmentbanking für Europa, den Nahen Osten und Afrika, erarbeitet sich den Ruf als einer der versiertesten deutschen Investmentbanker.

Marcus Schenck
Marcus Schenck

© Deutsche Bank/dpa

Trotzdem wechselt er nur ein Jahr später wieder – zur Deutschen Bank als Finanzvorstand. Im Laufe dieses Jahres soll Schenck die mächtige Position als Leiter der Unternehmens- und Investmentbank übernehmen – Erfahrung hat er bei Goldman zur Genüge gesammelt.

Sewing ist klassischer Deutschbanker

Ko-Kronprinz Sewing dagegen entspricht dem Bild des klassischen Deutschbankers – mit einer Karriere fast nur bei Deutschlands größtem Geldhaus. Dabei wollte er Sportjournalist werden. Doch für die Journalistenschule reichte es nicht. Aber für die Deutsche Bank.

Der Vater von vier Kindern ist gelernter Bankkaufmann, hat in Bielefeld und Hamburg studiert, kommt mit 19 Jahren zur Deutschen Bank. Nur zwischen 2005 und 2007 ist er dem Haus untreu. In dieser Zeit sitzt Sewing im Vorstand der Deutschen Genossenschafts-Hypothekenbank. Sonst gibt es für ihn nur die Deutsche Bank – mit Führungspositionen in Frankfurt, Singapur, Toronto, Tokio und London. Anfang 2015 zieht er in den Vorstand ein, zunächst für den Bereich Recht, seit Juni 2015 leitet er die Sparte für Privat- und Geschäftskunden.

Christian Sewing
Christian Sewing

© picture alliance / dpa

Als Stellvertreter von Cryan obliegt Sewing derzeit eine der heikelsten Aufgaben. Schließlich baut die Bank im Privatkundensegment bis Ende 2018 rund 3000 Stellen ab und schließt 200 Filialen. Gleichzeitig muss er sich um die Integration der Postbank kümmern, die doch nicht verkauft wird. Auch die wichtige Digitalisierung der Bank gehört zu Sewings Spektrum. Damit konzentriert sich sein Job auf Deutschland, ähnlich wie früher bei Fitschen. Bis er allerdings vor allem im Mittelstand das Ansehen erworben haben wird, das Fitschen als „Mr. Deutschland“ genoss, wird es wohl noch dauern.

Doppelspitze ist nicht ausgeschlossen

Erst einmal setzt der Bankchef auf Teamarbeit. Cryan sagt, er wolle mit Schenck und Sewing alles dafür tun, „dass wir als Deutsche Bank unserer prominenten Rolle auf dem Heimatmarkt noch besser gerecht werden und unsere ehrgeizigen Ziele schneller erreichen werden“. Wer dann dem Briten nachfolgt, ist offen. Schenck kann und soll die Bank in der Investmentsparte wieder näher an die weit enteilten US-Konkurrenten heranführen, Sewing die Deutsche Bank in Deutschland aus dem Imagetief herausführen. Beides sind keine leichten Aufgaben, aber zugleich so zentral, dass mit ihnen der Anspruch auf den Top-Job bei der Deutschen Bank verbunden ist – wenn sie von Erfolg gekrönt sind.

Branchenexperte Hein schließt auch eine neue Doppelspitze nicht aus. Sogar vor 2020. Cryan sei jetzt ein wenig eine „lame duck“, sagt er. „Insofern kann es sein, dass er früher geht.“

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