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Banken: In der Gebührenfalle

Viele Banken und Sparkassen haben für die Bearbeitung von Krediten unzulässig Geld kassiert – jetzt mauern sie bei der Rückzahlung. Doch die Kunden können sich wehren.

Die Rechtslage ist eigentlich eindeutig. Acht Oberlandesgerichte und diverse Amts- und Landgerichte haben zugunsten der Verbraucher entschieden und Gebühren einkassiert, die Banken und Sparkassen ihren Kredit-Kunden jahrelang abgeknöpft hatten. Die Kreditbearbeitungsgebühren seien unzulässig und müssten erstattet werden, befanden die Richter.

Doch die meisten Banken mauern: Freiwillig zahlt kaum ein Institut die Gebühren zurück. Solange kein höchstrichterliches Urteil vom Bundesgerichtshof vorliege, heißt es beim Bundesverband deutscher Banken und beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) unisono, sei dazu kein Kreditinstitut verpflichtet. Es werde stets nur auf Antrag im Einzelfall entschieden.

Der Grund dafür liege auf der Hand, sagt Jörg Schädtler, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft für Bankkunden (Schuvoba), die erfolgreich gegen Banken und Sparkassen geklagt hat. „Wir schätzen, dass aktuell Summen im einstelligen Milliardenbereich rückforderbar sind.“ Auf die Kreditwirtschaft kämen also riesige Forderungen zu. Wer sich beispielsweise von seiner Bank 20 000 Euro für ein Auto oder eine Küche geliehen hatte, musste meist – zusätzlich zum Zins – zwischen einem und vier Prozent für die Bearbeitung des Kredits zahlen, also 200 bis 800 Euro. Die Kreditinstitute argumentieren, die Gebühren seien notwendig gewesen, um die Bonität des Kunden zu prüfen und eine Beratung zu gewährleisten. Außerdem seien die Banken frei in der Ausgestaltung ihrer Preise, heißt es beim Bankenverband. Fazit des DSGV: „Die Bearbeitungsgebühren sind nach unserer Einschätzung weiter zulässig.“

HOFFEN AUF DAS OBERSTE GERICHT

Die acht Oberlandesgerichte befanden dagegen: Irrtum. Banken dürften kein Geld für Leistungen verlangen, zu denen sie gesetzlich verpflichtet seien oder die sie in eigenem Interesse erbringen. Die Kreditbearbeitungsgebühr wurde verboten. Dass nach der juristischen Niederlage vor den Oberlandesgerichten bisher keine Bank oder Sparkasse in Revision gegangen ist, geschieht nicht ohne Grund: Die Kreditwirtschaft erwartet offensichtlich, dass auch der Bundesgerichtshof (BGH) ein verbraucherfreundliches Urteil fällen würde, das indirekt bindende Wirkung für die ganze Branche hätte.

Dafür gibt es zwei Hinweise: Zum einen scherte eine kleine Regionalbank, die National-Bank aus Essen, aus der Phalanx der Kreditwirtschaft aus, um einen höchstinstanzlichen Richterspruch beim BGH zu erwirken. Man halte die Bearbeitungsgebühren weiter für rechtmäßig und wolle Rechtssicherheit, sagte ein Sprecher. Zweitens hat Sandra Schmieder, Mitarbeiterin im XI. Zivilsenat des BGH, der für Bankrecht zuständig ist, kürzlich deutlich gemacht, in welche Richtung die Rechtsprechung des höchsten Gerichts gehen könnte: „Rückforderungsklagen einzelner Verbraucher dürften ebenso Erfolg haben wie neuerliche Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzverbänden, mag die Wirksamkeit formularmäßiger Bearbeitungsgebühren höchstrichterlich auch weiterhin ungeklärt sein.“

Verbraucherschützer und die Schuvoba raten den betroffenen Verbrauchern deshalb, auf ihre Rechte zu pochen und das zu viel gezahlte Geld zurückzufordern – selbst wenn es sich um vergleichsweise kleine Summen handelt. „Die Chancen auf eine Erstattung sind erstklassig“, bestätigt auch die Stiftung Warentest. Rasch aktiv werden sollen Verbraucher vor allem, weil ihre Forderungen schnell verjähren.

Kreditkunden können das Geld zunächst formal zurückfordern, inklusive Zinsen von etwa fünf Prozent über dem Basiszinssatz. Musterbriefe dazu stellen die Verbraucherorganisationen auf ihren Webseiten zur Verfügung, etwa die Stiftung Warentest (www.test.de) oder die Verbraucherzentralen (www.vz-nrw.de). Während einige Banken – unter anderem die BMW Bank, die VW Bank, die Ford Bank, die PSD Bank Nord, die Berliner Sparkasse oder die DKB – inzwischen auf Antrag und im Einzelfall auch ohne Klage erstatten, wimmeln die meisten Banken ihre Kunden ab und reagieren auch auf Klagedrohungen nicht. Die Begründungen sind unterschiedlich: Die Gebühr sei individuell verabredet gewesen, die Sache sei verjährt, die bisherigen Urteile seien nur Einzelfallentscheidungen.

LETZTER AUSWEG: KLAGEN

Damit bleibt den Kunden nur der Klageweg. Weil der Aufwand hoch ist und sie Probleme bei künftigen Kreditverhandlungen fürchten, scheuen sich viele Bankkunden trotz hoher Erfolgschancen davor. Hier springt etwa die Schutzgemeinschaft für Bankkunden ein, die unter anderem mit der hessischen Anwaltskanzlei Benedikt-Jansen zusammenarbeitet. Gegen eine Gebühr von knapp 30 Euro wird der Fall geprüft. 1200 Fälle hat die Kanzlei schon unter die Lupe genommen, 150 Klagen wurden eingereicht.

Bankkunden können sich auch einer Sammelklage anschließen. Angeboten wird sie von Metaclaims, einem Bremer Prozessfinanzierer, der Kreditverträge ähnlichen Inhalts bündelt (www.sammelklage.org). Geschäftsführer Sven Hezel, selbst Rechtsanwalt, hat zwei Klagen gegen die Deutsche Bank und die Targobank erhoben, mit je 50 bis 70 Teilnehmern. Eine dritte Klage gegen die Santander Consumer Bank sei in Arbeit, sagt Hezel. Bis zum ersten Termin der mündlichen Verhandlung, die Hezel für den Sommer erwartet, können weitere Kunden auf die laufenden Klagen aufspringen. Kosten entstehen für den Bankkunden nicht. Allerdings muss er seine Forderung an Metaclaims abgetreten – und erhält bei Erfolg der Klage zwei Drittel der Erstattungssumme.

Zwar haben die meisten Gerichte im Sinne der Verbraucher entschieden. Knackpunkt bleibt aber die Verjährung. Grundsätzlich gilt: Der Anspruch auf Rückzahlung verjährt frühestens drei volle Jahre nach dem Kalenderjahr, in dem der Kreditvertrag unterzeichnet wurde. Ansprüche aus einem Kredit vom Januar 2010 wären danach erst am 31.Dezember 2013 verjährt. Aber: Anwälte und Verbraucherschützer glauben, dass die Verjährungsfrist erst dann beginnt, wenn der Kunde wissen kann, dass er einen Anspruch hat. Dann hätten auch Fälle Chancen, die bis ins Jahr 2003 zurückreichen.

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