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Wirtschaft: Banken lassen sich mit Zinssenkung Zeit

Nach der EZB-Entscheidung wollen Kreditinstitute „den Markt beobachten“/Verbraucherschützer erwägen Klage

Berlin (dr). Jeder Tag bringt Geld, und so lassen sich die Banken wieder einmal Zeit mit der Weitergabe der Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank an ihre Kunden. „Wir beobachten den Markt“, so die überwiegende Auskunft. Verbraucherschützer sehen sich in ihrer Kritik bestätigt. Schon in der Vergangenheit hätten die Banken Zinssenkungen nicht an ihre Kunden weitergegeben, sondern manches Mal sogar die Zinsen für Dispokredite angehoben, hieß es.

„Bankkunden haben einen Rechtsanspruch, dass die Banken die Zinssenkung weitergeben“, sagt Rainer Metz von der Verbraucherzentrale NordrheinWestfalen. Dies betreffe alle Verträge mit variablen Zinsen, wozu Metz auch Dispositionskredite und Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist zählt. Bankkunden sollten also genau darauf achten, ob sich bei ihrer Bank „etwas tut“. Und Metz hat mehr vor: „Wir suchen nach einem Bankkunden, der uns seinen Anspruch gegenüber der Bank abtritt, um dann ein Musterverfahren gegen ein ganz konkretes Institut anzustrengen.“

Öl ins Feuer schüttete noch im vergangenen Dezember Bankenpräsident Rolf Breuer, der den privaten Banken empfahl, Zinssenkungen nicht in jedem Falle weiterzugeben um so ihre Ertragslage zu verbessern. Er löste damit einen Sturm der Entrüstung aus, rief das Bundeskartellamt und Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) auf den Plan. Durchgesetzt hat sich Breuer mit seinem Vorschlag nur bedingt. Einige Sparkassen und kleinere Banken nutzten die Gelegenheit, um sich zu profilieren.

Aus der Statistik der Deutschen Bundesbank lässt sich allerdings die zeitliche Verzögerung ablesen. Im Dezember veränderte sich der Durchschnittszinssatz für Dispositionskredite an Privatkunden gar nicht. Im Januar wurde er dann gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent, im Februar nochmals um 0,3 Prozent zurückgenommen. Ein größerer Schritt erfolgte erst im März mit minus 0,8 Prozent. Im April lagen die Zinsen für Dispokredite damit im Durchschnitt um 0,6 Prozent unter dem Vorjahreswert.

Deutlich schneller erfolgte die Anpassung bei den Habenzinsen für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist. Minus drei Prozent im Dezember, minus ein Prozent im Januar 2003, minus 4,2 Prozent im Februar, minus 5,5 Prozent im März und sogar minus sieben Prozent im April. Gegenüber dem April 2002 summiert sich dies auf ein Minus von insgesamt gut 23 Prozent.

In Maßen reagiert haben am Freitag nur zwei der größeren Institute: Die Allgemeine Deutsche Direktbank (Diba) und die Postbank. Zwar belässt auch die Diba die Zinsen ihres Dispokredits bei unverändert 8,75 Prozent, der effektive Zinssatz für den Rahmenkredit wird jedoch von 8,25 Prozent auf 6,96 Prozent gesenkt. Anders bei den Habenzinsen. „Wir lehnen Trippelschritte ab, der Kunde soll eine gewisse Planungssicherheit haben“, sagt Sprecher Ulrich Ott. „Wir rechnen aber damit, dass die Europäische Zentralbank den Leitzins im September nochmals senken wird.“ Dann dürften auch die Habenzinsen der Diba von derzeit drei Prozent der Vergangenheit angehören.

Auch die Postbank kündigte am Freitag an, sie wolle den Zinsschritt sowohl bei den Haben- als auch bei den Sollzinsen weitergeben. „In welchem Ausmaß, steht aber noch nicht fest“, sagte ein Sprecher.

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