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Banken: Stress im Detail

Europas Großbanken müssen sich bald ganz genau in die Karten gucken lassen. Die europäischen Staatschefs wollen die Ergebnisse von sogenannten Stresstests noch im Juli veröffentlichen.

Angela Merkel kommt spät. Sie hat sich wohl noch verquatscht mit dem neuen Londoner Premier David Cameron, den sie vor Beginn des Brüsseler EU-Gipfels getroffen hat. Politisch geht es darum, die bei der Finanzmarktregulierung zögernden Briten zu bearbeiten. Eigentlich geht es aber ums Näher-Kennenlernen. Auch die Ungarn haben einen neuen Ministerpräsidenten nach Brüssel geschickt, Viktor Orbán. Den Parteifreund der Europäischen Volkspartei hat die Kanzlerin schon am Abend vorher getroffen.

Als Merkel den Sitzungssaal betritt, beginnt das Schaulaufen. Küsschen links, Küsschen rechts mit den wichtigen Staats- und Regierungschefs. Das Signal: Seht her! Wir verstehen uns blendend! Die Bundesrepublik ist so beliebt wie eh und je! Einzig, es stimmt nicht. Jenseits des deutschen Diplomatenkorps findet sich kaum jemand, der nicht von einer nachhaltigen Verstimmung berichtet, die mit Griechenland begann. „Bis auf Deutschland war jeder von uns schon im Februar bereit“, sagt der Regierungsvertreter eines Nachbarlandes, „die Entscheidungen zu treffen, die wir schließlich im Mai getroffen haben.“ Da freilich sei die Krise schon so fortgeschritten gewesen, dass der Rettungsschirm viel teurer geworden sei als notwendig. Selbst sein Lob darüber, dass die Lage mittlerweile entspannter sei, ist vergiftet: „Der Grund, warum Deutschland immer noch ernst genommen wird, heißt Wolfgang Schäuble.“ Der Bundesfinanzminister also. Ein Vertreter Österreichs sieht es ähnlich. „Merkel wird für uns immer schwerer einschätzbar. Mich erinnert das an die letzten beiden Jahre der Ära von Helmut Kohl.“

Beim Mittagessen kommt die Stunde der Kanzlerin. Ratspräsident Van Rompuy berichtet aus der Arbeitsgruppe, die sich mit einer besseren wirtschaftspolitischen Steuerung in Europa befasst und den Stabilitätspakt verschärfen soll. Die Gruppe gibt es überhaupt nur wegen Merkel, da sie anders als fast alle Staats- und Regierungschefs die europäischen Verträge ändern will. Sie ergreift das Wort und wiederholt Teilnehmern zufolge ihre Forderung nach dem Entzug der Stimmrechte, falls eines der um den Tisch versammelten Länder wiederholt gegen die Defizitkriterien verstieße. Freunde macht man sich so natürlich nicht.

Immerhin berichtet ein belgischer Diplomat von einem gewissen Verständnis für die Berliner Positionen, weil „Angela Merkel in kleiner Runde von einer starken antieuropäischen Haltung in der deutschen Öffentlichkeit berichtet hat, auf die sie Rücksicht nehmen müsse“. Von Berliner Seite gibt es dafür keine Bestätigung. Wohl aber heißt es im Umfeld der Kanzlerin, dass sie sich der neuen Rolle Deutschlands bewusst sei. „Dass man uns nervig findet, ist klar“, heißt es. Aber man sei eben überzeugt davon, dass nur das ständige Pochen auf haushaltspolitische Stabilität und Wachstum dem Euro und Europa eine gute Zukunft sichere. chz

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