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EU-Kommissar Barnier sucht nach einer Lösung.

© Reuters

Bankenaufsicht: Kontrolle gegen die Krise lässt auf sich warten

Im Streit um die europäische Bankenaufsicht sucht EU-Kommissar Barnier in Berlin einen Kompromiss. Italien und Spanien machen Druck beim Zeitplan.

EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier hält an seinem Ziel fest, zum 1. Januar 2013 den Einstieg in eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht zu schaffen. „Es ist wichtig, dass wir die erste Etappe bis Ende des Jahres Schritt für Schritt zurücklegen“, sagte Barnier am Donnerstag in Berlin vor Gesprächen im Kanzleramt und mit Unions-Abgeordneten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor Zweifel am Starttermin zu Beginn des kommenden Jahres geäußert. Angesichts der Bedenken zeigte sich Barnier nun kompromissbereit. „Selbstverständlich werde ich an einem Kompromiss mit Berlin und den anderen Hauptstädten arbeiten“, sagte der Franzose.

Beim letzten EU-Gipfel im Juni hatten sich die Staats- und Regierungschefs im Grundsatz für eine europäische Bankenaufsicht ausgesprochen. Das Kontrollgremium soll nach dem Willen der EU-Kommission bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt sein und in erster Linie im Euro-Raum zu einer wirksameren Überwachung der Geldinstitute führen. Doch inzwischen mehren sich die Zweifel, dass es zu einem baldigen Start der Aufsicht kommt. So tritt nicht nur die Bundesregierung auf die Bremse. Neben Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach sich auch Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker dagegen aus, sämtliche 6000 Banken in der Euro-Zone unter die Aufsicht der EZB zu stellen.

Barnier versuchte nun in Berlin, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Es sei niemals geplant gewesen, „Knall auf Fall“ ab 1. Januar 2013 bei der EZB für alle Finanzinstitute in der Euro-Zone eine gemeinsame Aufsicht zu schaffen, beteuerte er. Stattdessen plant die EU-Kommission ein mehrstufiges Verfahren: So soll die EZB zunächst ab Anfang 2013 die Möglichkeit erhalten, die Unterlagen von Banken in der Euro-Zone aufzurufen. Ab 1. Juli 2013 soll die EZB dann die direkte Aufsicht über die großen, systemrelevanten Banken und ab 2014 über alle Finanzinstitute übernehmen.

In Deutschland fordern dagegen die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, dass statt der EZB wie bisher auch weiterhin die Bundesbank und die deutsche Bankenaufsicht Bafin die Kontrolle ausüben. Auch in diesem Punkt zeigte sich Barnier kompromissbereit: Trotz der geplanten Oberaufsicht durch die EZB werde die Bafin „ihre Rolle behalten“, erklärte er. Zudem stellte er klar, dass die geplante Bankenunion nicht dazu führen werde, die Mittel der Einlagen der Sparer europaweit zu „vergemeinschaften“.

Die Schaffung einer europäischen Bankenaufsicht ist brisant, weil sie als Vorbedingung für eine direkte Rekapitalisierung von angeschlagenen Banken aus dem dauerhaften Rettungsschirm ESM gilt. Aus diesem Grund machen Italien und Spanien Druck beim Zeitplan für die Aufsicht. Auch Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici hatte vergangene Woche beim Treffen der EU-Finanzminister in Zypern auf einen möglichst raschen Einstieg in die Bankenaufsicht gepocht – anders als Schäuble. Barnier bezeichnete die Diskussion als „heftig, aber konstruktiv“.

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