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Wirtschaft: Bankenaufsicht: Widerstand gegen Pläne des Finanzministers

Edgar Meister, im Direktorium der Bundesbank für Aufsichtsfragen zuständig, ist nicht nur überrascht, sondern geradezu entsetzt über die Vorschläge seines Parteigenossen Hans Eichel zur Neugliederung der Bankenaufsicht. "Eichel hat von der Absicht Abstand genommen, die Bundesbank zu stärken", sagte Meister im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten.

Edgar Meister, im Direktorium der Bundesbank für Aufsichtsfragen zuständig, ist nicht nur überrascht, sondern geradezu entsetzt über die Vorschläge seines Parteigenossen Hans Eichel zur Neugliederung der Bankenaufsicht. "Eichel hat von der Absicht Abstand genommen, die Bundesbank zu stärken", sagte Meister im Internationalen Club Frankfurter Wirtschaftsjournalisten. Auch andere Parteifreunde, Hans-Jürgen Krupp, Präsident der Landeszentralbank für Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, und Klaus-Dieter Kühbacher, Präsident der Landeszentralbank Berlin-Brandenburg, lehnen den Vorschlag des Finanzministers ab. Der möchte die drei bislang eigenständigen Bundesaufsichtsämter für das Kredit-, das Versicherungswesen und den Wertpapierhandel zu einer neuen Bundesanstalt zusammenlegen.

Im Gespräch mit dem Tagesspiegel sagte Krupp, der Vorstoß Eichels, die Finanzmarktaufsicht in eine eigene Bundesanstalt einzubringen, passe nicht in die Entwicklung. Es spräche alles dafür, die Aufsicht unter dem Dach der Bundesbank anzusiedeln, die traditionell mit dem Thema befasst sei. Auch bürge die Bundesbank für Know-how und für die notwendige regionale Präsenz. "Eine zentrale Finanzmarktaufsicht kommt nur den Großbanken zugute", sagte Krupp. Die deutsche mittelständisch geprägte Wirtschaft sei aber auch auf wettbewerbsfähige kleinere und mittlere Banken angewiesen. Kühbacher erklärte, die Bündelung der Kräfte unter dem Dach der Bundesbank hätte den Fähigkeiten der Frankfurter entsprochen. "Das wäre für die Bundesbank hilfreicher gewesen." In den USA und den EU-Ländern, außer Schweden und Großbritannien, läge die Verantwortung für die Stabilität des Finanzsystems ohnehin bei den Notenbanken.

Nach den Vorschlägen Eichels soll die Bundesbank, die bislang mit über 100 Mitarbeitern in der Bankenaufsicht eine wichtige Rolle spielt, künftig von der neuen Finanzmarktaufsicht allenfalls nur noch zu Rate gezogen werden. Für Meister ist dies um so überraschender, weil eine von Finanzstaatssekretär Caio Koch-Weser im vergangenen Jahr geleitete Arbeitsgruppe, an der die Präsidenten der Bundesaufsichtsämter für das Kreditwesen (BAKred), für das Versicherungswesen (BAV) und für den Wertpapierhandel (BAWe) sowie Meister beteiligt waren, festgestellt habe, dass eine einheitliche Aufsicht keinen Sinn mache. Die Synergien zwischen den drei Ämtern, so Meister, seien nicht sehr groß. Zum anderen sei niemand so nah an den Banken dran wie die Bundesbank. Insofern sei sie für die Aufsicht prädestiniert.

Die Schwächung der Bundesbank resultiert nach Ansicht von Meister auch daraus, dass neun von zwölf Notenbanken in der Europäischen Währungsunion (EWU) mit der Bankenaufsicht betraut sind. Werde diese Aufgabe der Bundesbank komplett entzogen, dann werde auch die Position des Bundesbank-Präsidenten im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) geschwächt. Es wäre, so Meister, ein fatales Signal, wenn aufgrund der Entwicklung in Deutschland auch anderen Notenbanken in der EU die Bankenaufsicht genommen würde. Das würde das gesamte System der europäischen Zentralbanken in Mitleidenschaft ziehen. "Und es wäre nicht im Interesse der Stabilität des europäischen Finanzsystems."

Nach Angaben von Meister wurde die Bundesbank vorab von den Vorschlägen des Finanzministers nicht informiert. Dass möglicherweise eine Ursache für das forsche Vorgehen von Eichel in der schon langen Debatte über die Reform der Bundesbank und in der Uneinigkeit unter den Zentralbankratsmitgliedern selbst liegt, sieht Meister nicht. Der Zentralbankrat hatte sich im Sommer 1999 nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Reform der Bundesbank einigen können, sondern zwei widersprüchliche Konzepte präsentiert. "Mehr konnten wir nicht tun, die Entscheidung liegt ohnehin bei der Politik." Es werde noch "eine heiße politische Diskussion" geben, sagte Meister.

Beim von der Neuordnung der Finanzaufsicht ebenfalls betroffenen BAWe in Frankfurt wollte man sich am Freitag nicht äußern. Präsident Georg Wittich sagte, er werde derzeit nichts zu diesem Thema sagen. Wittich hatte sich auch bislang mit Blick auf die deutsche Finanz- und Bankenaufsicht zurückgehalten. Beim BAKred wurde auf frühere Stellungnahmen des Präsidiums verwiesen. Noch im vergangenen Frühjahr hatte sich der damalige Präsident, Wolfgang Artopoeus, für eine Umwandlung seines Amts in eine Anstalt des öffentlichen Rechts ausgesprochen, der dann auch die Versicherungs- und Wertpapieraufsicht unterstellt werden sollten.

Die Vorschläge zur Neuordnung der Finanzaufsicht und der Bundesbankstruktur sollen in zwei Gesetzesentwürfe eingebracht werden, die noch vor der Sommerpause vorgelegt werden sollen.

ro, mo

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