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Wirtschaft: Bankenplatz Frankfurt demonstriert Gelassenheit

Frankfurt (Main). Als Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth vor einigen Wochen zum traditionellen Bankenabend in den Römer geladen hatte, waren zwar nicht alle da.

Frankfurt (Main). Als Frankfurts Oberbürgermeisterin Petra Roth vor einigen Wochen zum traditionellen Bankenabend in den Römer geladen hatte, waren zwar nicht alle da. Aber die wichtigsten der Frankfurter Banker zeigten sich: Bundesbank-Chef Ernst Welteke, Rolf Breuer, der alte, und Josef Ackermann, der neue Chef der Deutschen Bank. Frau Roth dürfte sich durch solche Präsenz gestärkt fühlen: So schlecht kann es um das deutsche Bankenzentrum nicht stehen.

Trotzdem: Die drastischen Sparprogramme der Banken werden auch am Main spürbar. Weniger am Abbau von Arbeitsplätzen, aber an gekürzten Gehältern und Tantiemen, an reduzierter Nachfrage nach Büroraum. Und an mehr Bankern, selbst aus den Top-Etagen, die sich mit Hilfe von Personalberatern auf Jobsuche begeben.

Ein Bedeutungsverlust von „Mainhattan“ lässt sich an der Entwicklung der Arbeitsplätze in den Frankfurter Banktürmen allerdings nur schwer nachvollziehen. 336 Banken residieren derzeit in der Stadt. Rund 75000 Banker zählte die Stadt Ende 2000, fast 20 Prozent mehr als zehn Jahre zuvor. Dagegen gab es im verarbeitenden Gewerbe Ende 2000 nur noch gut 64000 Jobs, ein dramatischer Rückgang von über 40 Prozent gegenüber 1990.

Aber auch die großen Geldhäuser haben angesichts der Flaute bereits gestrichen und streichen in diesem und im nächsten Jahr rund 34000 Jobs. Aber die wenigsten in Frankfurt. Weder in der Zentrale der Deutschen Bank, noch bei der Dresdner Bank oder der Commerzbank werden zahlreiche Stühle geräumt. Dies findet eher in den Filialen und im Ausland statt. Trotzdem schlägt sich die Krise der Banken auch auf dem Frankfurter Arbeitsmarkt nieder. Die Zahl der als arbeitslos gemeldeten Banker lag im Juni bei rund 680. Im Oktober 2000 waren es noch 490. Auch bei den Ausbildungsplätzen sieht es nicht rosig aus. Allerdings sind die Banken im Blick auf den geringen Bedarf an Mitarbeitern bei der Ausbildung schon seit einigen Jahren zurückhaltender.

Die von der Zeitarbeitsfirma Manpower und der Deutschen Bank gegründete Vermittlungs- und Qualifizierungsfirma Bankpower zählt derzeit 30 bis 40 Prozent mehr Bewerber als vor zwei Jahren - vom Kreditsachbearbeiter bis hinauf auf die Ebene unterhalb eines Filialleiters. Allerdings gilt dies bundesweit. Fest steht: Nur wer gut und flexibel ist, hat Chancen auf einen neuen Job. Dies gilt auch für die Topebene. „Bis hinauf zum Vorstand“, wie Dominik Winterfeldt von Boyden International sagt. Erfahrung und Persönlichkeit seien gefragt. „B-Qualität wird durch A-Qualität ersetzt“, ergänzt Tiemo Kracht von Ray&Berndtson. Dabei müssen auch die Banker bei den Finanzen Einschränkungen machen. Auch für die Top-Etage sitzt das Geld nicht mehr so locker. Dies gilt im übrigen auch für die aktiven Banker: Bei Deutscher, Dresdner und Commerzbank werden die außertariflichen Gehälter eingefroren und die Tantiemen gekappt. Allein die Dresdner spart dadurch 200 Millionen Euro.

Der Arbeitsmarkt für Banker in Frankfurt ist gleichwohl nicht tot. Bewerber kommen, dies zumindest hat Petra Bergner von TMP Worldwide festgestellt, vor allem bei Privatbanken, bei Fondsgesellschaften und bei kleineren Finanzdienstleistern unter. Dort wird derzeit das Private Banking für vermögendere Kunden weiter ausgebaut. Und die meisten dieser Unternehmen sitzen in „Mainhattan". Auch ausländische Investmentbanken wie etwa Goldman Sachs stocken weiter auf. Nicht nur dort sieht man im deutschen Markt gute Perspektiven.

Frankfurt ist für solche Geschäfte der richtige Standort. Die Zahl der Auslandsbanken am Main ist seit 1990 denn auch kontinuierlich gestiegen - von 115 auf derzeit fast 140.

Winterfeldt oder Kracht halten die Aufregung um den Finanzplatz deshalb für mehr als überzogen. Fest steht allerdings auch: London wird für das deutsche Finanzzentrum auf Sicht unerreichbar bleiben. Dafür wird auch der neue Chef der Deutschen Bank sorgen, ohne dass das größte europäische Geldhaus – wie befürchtet – seinen Sitz nach London verlegen wird. Sein Bekenntnis zu Frankfurt hat Ackermann in den vergangenen Wochen mehrfach wiederholt. Aber Frankfurt sei auch nicht alles, hat er hinzugefügt. Rolf Obertreis

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