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Viele Bankkunden führen ihre Konten mittlerweile online. Dennoch steigt der Beratungsbedarf.

© dapd

Bankfilialen: Eine Frage der Atmosphäre

Immer weniger Bankkunden kommen in die Filialen. Dennoch wollen und können Geldinstitute sie nicht aufgeben. Was sie sich einfallen lassen.

Von Carla Neuhaus

Die Zukunft hat in der Friedrichstraße 181 bereits begonnen. „Q110“ steht dort in blauen Lettern über der Eingangstür. So nennt die Deutsche Bank ihre „Filiale der Zukunft“. Seit 2005 testet der Konzern hier, was in der Bankfiliale von morgen funktionieren könnte und was nicht: von der Software auf dem Computer des Bankmitarbeiters bis hin zur Inneneinrichtung der Beratungsräume.

Um ihre Kunden zu halten und neue zu gewinnen, müssen sich die deutschen Banken etwas einfallen lassen. Die Konkurrenz ist groß, das Onlinebanking gewinnt an Bedeutung, und die Verbraucher sind deutlich besser informiert als früher. „In eine Bankfiliale gehen die Kunden nur noch ganz gezielt – zum Beispiel, wenn sie einen Kredit abschließen wollen“, sagt Reinhard Messenböck von der Boston Consulting Group. Ein Girokonto eröffnen dagegen bereits jetzt 43 Prozent der Verbraucher lieber online. Bei einem Tagesgeldkonto sind es sogar 70 Prozent der Kunden, die das Internet bevorzugen. Das zeigt eine Befragung der Unternehmensberatung Investors Marketing.

Dennoch wollen die Kunden nicht komplett auf die Zweigstellen verzichten. „Auch wenn sie die Filiale seltener nutzen, wollen die Verbraucher weiterhin die Möglichkeit dazu haben, vor Ort persönlich mit ihrem Bankberater sprechen zu können“, sagt Pascal Besser, Bankenexperte bei der Beratung Steria Mummert. Für die Banken ist das eine Herausforderung. Sie können und wollen auf ihre Filialen nicht verzichten, gleichzeitig rentieren sie sich immer weniger.

„Deshalb halten einige Banken zum Beispiel kein Bargeld mehr in ihren Filialen vor und verzichten auf Kassenschalter“, sagt Berater Messenböck. Das heißt, die Kunden können nur noch am Automaten Geld einzahlen oder abheben und nicht mehr direkt beim Bankmitarbeiter. Auf diese Weise sparen die Banken bei der teuren, sicherheitstechnischen Ausstattung.

Die Hypovereinsbank testet derzeit eine andere Methode, um mit wenig Aufwand Filialen zu betreiben. Sie arbeitet mit einem franchise-ähnlichen Konzept. So wie etwa der Betreiber eines McDonalds-Restaurants bekommt dabei der sogenannte „Finanzpartner“ eine schlüsselfertige Filiale übergeben. Dafür zahlt er eine Gebühr – er selbst verdient an den Bankprodukten, die er in seiner Filiale verkauft. „Wir wollen so unsere Präsenz in der Fläche ausweiten“, sagt Ralf Horak von der Hypovereinsbank. Die erste Filiale dieser Art ist kürzlich in Gütersloh eröffnet worden, weitere sollen folgen.

Verbraucherschützer sehen diese Entwicklung kritisch. „Wer von Provisionen lebt, will nur noch verkaufen und nicht mehr beraten,“ sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Schon jetzt seien Banken zu sehr auf die Steigerung ihrer Gewinne fixiert.

Dabei müssten die Banken gerade in Zeiten des Onlinebankings einen größeren Wert auf die Beratung legen. „Die meisten Verbraucher informieren sich über Finanzprodukte vorab im Internet“, sagt Bankenexperte Besser. „Die Filiale muss dem Kunden einen echten Mehrwert bieten.“ Er müsse dort eine Beratung bekommen, die über das hinausgeht, was er sich an Informationen bereits im Netz zusammengesucht hat.

Die meisten Banken haben zumindest äußerlich auf diese neuen Anforderungen reagiert. Früher sah eine Zweigstelle aus wie jede andere: ein paar Automaten, ein verglaster Kassenschalter und ein langer Tresen, hinter dem sich die Schreibtische der Bankmitarbeiter aneinanderreihten. Gleichzeitig wurden in allen Filialen alle Kundengruppen beraten, alle Finanzprodukte der Bank angeboten. Mittlerweile hat sich das Filialbild gewandelt. „Viele Banken trennen heute gezielt zwischen reinem Service und Beratung“, sagt Messenböck.

Ein Beispiel dafür ist die Berliner Sparkasse, die bereits 2010 begonnen hat, ihr Filialnetz komplett umzubauen. Heute gibt es Filialen, die sich um das reine Tagesgeschäft kümmern, und andere, in denen die intensive Beratung stattfindet. „Von den Kunden erhalten wir darauf nur ein positives Echo“, sagt Gerhard Puhlmann, Bereichsleiter für das Privatkundengeschäft der Berliner Sparkasse. Sie schätzten vor allem die diskrete Beratungsatmosphäre.

Die Berliner Volksbank setzt künftig auf ein ähnliches Konzept. „Die Filiale wird sich von einer Transaktions- in eine Kommunikationsfiliale wandeln“, sagt Carsten Jung, der im Vorstand der Berliner Volksbank sitzt und dort für das regionale Kundengeschäft verantwortlich ist. Einfache Dienstleistungen würden die Kunden künftig im Internet erledigen. „Die Filiale der Zukunft wird sich daher vor allem um die erklärungsbedürftigen komplexeren Dienstleistungen in der Beratung kümmern.“

Auch die Deutsche Bank baut ihre Filialen derzeit nach und nach um, bis Ende dieses Jahres sollen 50 Filialen eine neue Einrichtung bekommen. Aus ihrem „Trendlabor“ an der Friedrichstraße hätten sie zum Beispiel gelernt, Beratung und Büro stärker voneinander zu trennen, sagen die Banker. Auch soll es künftig, in etwas kleinerer Form als in der Friedrichstraße, einen Loungebereich mit Sesseln für die Kunden geben. Sie sollen so dazu angeregt werden, mehr Zeit in der Filiale zu verbringen.

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