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Bankgeheimnis: Die Schweiz beugt sich

Nach internationalem Druck lockert Bern das Bankgeheimnis. Doch die Rechte kündigt Widerstand an.

Die Schweiz gibt klein bei: Nach monatelangem Druck aus EU-Staaten und den USA kündigte Bundespräsident und Finanzminister Hans-Rudolf Merz am Freitag Helvetiens Bereitschaft an, das Bankgeheimnis zu lockern. Merz tat sich vor den Medien sichtlich schwer, den Schwenk zu erklären: Konkret wollen die Eidgenossen in Zukunft unter gewissen Bedingungen auch bei Steuerhinterziehung internationale Amtshilfe leisten. Bislang kooperierten Schweizer Behörden mit anderen Staaten nur bei Steuerbetrug. Bern plant somit, die Standards der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in der Steuerkooperation einzuhalten.

Allerdings muss das Parlament dem Vorhaben zustimmen. Und: Befürworter eines uneingeschränkten Bankgeheimnisses könnten eine Volksabstimmung erzwingen. Ihr Argument: Eine Aufweichung des Bankgeheimnisses bedroht die Attraktivität des Finanzplatzes Schweiz. Insgesamt verwalten die Geldhäuser in Zürich, Genf und Lugano rund fünf Billionen Franken an Kundengeldern, umgerechnet sind das 3,2 Billionen Euro. Die rechtsnationale Schweizerische Volkspartei (SVP) wetterte nach der Ankündigung des Bundespräsidenten schon: Die Schweiz sei erpressbar geworden. Sie will das alte Bankgeheimnis jetzt in der Verfassung festschreiben lassen.

Vor allem Deutschland, Frankreich, die EU und die USA verschärften in den vergangenen Monaten schrittweise ihre Angriffe auf das Bankgeheimnis. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück wird in Schweizer Medien wie folgt zitiert: „Die Schweiz und Liechtenstein wissen, dass sie aus der Fragestellung nicht herauskommen.“ Tatsächlich kündigte Liechtenstein am Donnerstag Abstriche an seinem Bankgeheimnis an. Auch Österreich, Andorra, Singapur und Hongkong wollen transparenter werden.

Frankreich und Deutschland strebten offen an, die Schweiz und andere sogenannte Steuerparadiese auf die schwarze OECD-Liste der unkooperativen Staaten zu setzen. Auch von Sanktionen gegen die Schweiz war immer wieder die Rede. Im April wollen die großen Wirtschaftsnationen (G 20) in London auch den Kampf gegen Finanz-Schurkenstaaten koordinieren. Die Schweiz erhielt für das Treffen keine Einladung.

In Berlin, Paris, Brüssel und Washington empörten sich die Politiker vor allem über die Schweizer Unterscheidung zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung. Schaffen „Steuerbetrüger“ Gelder auf Schweizer Konten, sind die Eidgenossen bereit, mit dem Heimatland des Gauners zu kooperieren. Transferieren jedoch „Steuerhinterzieher“ Gelder auf helvetische Banken, lehnen die Schweizer Behörden die Zusammenarbeit mit dem Heimatland des Täters ab. Diese Regelung öffne – so die Gegner des Bankgeheimnisses – Steuerhinterziehern in der Schweiz einen sicheren Hafen. Milliardensummen an Schwarzgeld seien so in das Alpenland geflossen.

Selbst Mitglieder der Schweizer Regierung wie Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf müssen eingestehen: Letztlich laufe es auf das Gleiche hinaus, „ob man Steuern nur hinterzieht oder dabei auch betrügt“. Ob die jetzt angekündigte Kooperationsbereitschaft die Gegner des Schweizer Bankgeheimnisses voll besänftigt, ist aber noch offen. Denn die Eidgenossen lehnen einen automatischen Informationsaustausch über Steuerfragen weiter ab. Und die Anfragen sollen auf Einzelfälle beschränkt bleiben.

Für Schweizer Bürger wird sich laut der Regierung nichts ändern. Doch schon die Ankündigung der Regierung, ihre Politik zu ändern, markiert eine Trendwende in Bern. Die alten Tage, in denen Schweizer Minister das Bankgeheimnis als „unantastbar wie eine Klosterfrau“ bezeichneten, sind passé.

Jan Dirk Herbermann[Genf]

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