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Kein gutes Händchen hatte Barclay-Chef Jes Staley, als er US-Ermittler hinzuzog, um in der Bank einen "Whistleblower" zu enttarnen.

© Ruben Sprich/Reuters

Barclays-Chef wird Bonus gekürzt: Jes Staley ließ US-Ermittler in der Bank schnüffeln

Er wollte einen mutmaßlichen "Whistleblower" enttarnen - und zog US-Ermittler zu Rate. Doch das war ein Eigentor des Barclays-Chefs Jes Staley: Er wurde abgemahnt.

Barclays-Chef Jes Staley hat Ärger wegen seines Umgangs mit Enthüllungen durch eigene Mitarbeiter. Die britische Großbank teilte am Montag mit, der erst vor gut 15 Monaten an die Konzernspitze gerückte Amerikaner habe mit Hilfe von US-Ermittlern versucht, den Urheber eines Beschwerdebriefs zu identifizieren. Bei der letztlich vergeblichen Suche nach dem "Whistleblower" habe er sich fälschlicherweise im Recht gesehen. Der 60-Jährige sei abgemahnt worden, sein Bonus werde gekürzt. Die britische Finanzaufsicht ermittle. Für die Bank bedeutet der Fall einen Rückschlag im Bemühen um gute Unternehmenspraktiken, noch bevor der Skandal um Manipulationen des Libor-Zinssatzes vollständig aufgearbeitet ist. Staley entschuldigte sich für sein Verhalten.

Trotz Staleys Recherche sei der "Whistleblower" nicht identifiziert worden, teilte die Bank mit. Das Barclays-Direktorium war demnach durch einen Mitarbeiter auf das Vorgehen des Chefs aufmerksam geworden, beauftrage eine Anwaltskanzlei mit der Aufklärung und informierte selbst die Aufsichtsbehörden. Die Kanzlei kam laut Barclays zu dem Ergebnis, dass sich das bankinterne Sicherheits-Team auf Geheiß Staleys Unterstützung von US-Ermittlern geholt habe. Gemeinsam hätten sie nach dem Mitarbeiter gesucht, der "Bedenken persönlicher Natur" über einen hochrangigen Manager geäußert habe.

Das Direktorium akzeptierte nach eigenen Angaben Staleys Darstellung, er habe einen Kollegen vor einem nach seiner Meinung unfairen Angriff schützen wollen. Das Gremium will sich trotz des Vorfalls bei der Hauptversammlung am 10. Mai für eine Verlängerung von Staleys Vertrag einsetzen. Der Manager ist bei vielen Mitarbeitern im Investmentbanking beliebt, weil er als aufgeschlossener für wieder riskantere Geschäfte gilt. Staley, selbst Investmentbanker, hat 34 Jahre für die US-Großbank JPMorgan gearbeitet. Barclays hat er eine Neuausrichtung verordnet mit Fokus auf Großbritannien und die USA.

"Ich habe die Schlussfolgerung des Barclays-Direktoriums akzeptiert, dass mein persönliches Verhalten in dieser Angelegenheit ein Fehler meinerseits war", erklärte Staley. Entsprechend üblicher Praxis in Großbritannien gewährt Barclays Mitarbeitern, die auf Missstände hinweisen, Anonymität. Sie sollen so vor Benachteiligung geschützt werden. Bei den wohl monatelangen Ermittlungen nimmt die Finanzaufsicht nun das gesamte Kontrollsystem von Barclays unter die Lupe. Das Geldhaus hat noch immer mit Ermittlungen zu seiner Rolle im Libor-Skandal zu tun, bei dem Institute den Interbanken-Zinssatz zu ihren Gunsten beeinflussten. (rtr)

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