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Wirtschaft: Bau freut sich über stabilen Aufschwung

Auftragslage überall gut, nur Häuserbau schwächer

Berlin - Der Bauindustrie geht es so gut wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Egal ob beim Wirtschafts- oder dem öffentlichen Bau – überall gibt es mehr Aufträge und steigende Umsätze, sagte Hans-Peter Keitel, Präsident des Hauptverbandes der Bauindustrie, im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Allein der Wohnungsbau hinke leicht hinterher.

Etwas schwächere Umsatzdaten im Mai für die gesamte Bauindustrie seien noch kein Grund zur Besorgnis. Denn insgesamt seien in den ersten fünf Monaten die Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahreszeitraum immer noch deutlich gestiegen – und zwar um nominal 9,6 Prozent. Auch bei den Umsätzen machte die Branche ein deutliches Plus von rund acht Prozent auf knapp 26 Milliarden Euro. Für die kommenden Monate ist Keitel daher zuversichtlich. „Dieser Aufschwung ist stabil“, sagte er.

Das wirkt sich auch auf die Beschäftigung aus, wie Keitel hervorhob. „Wir haben überall Zuwachs. Wir werden im Jahresdurchschnitt 15 000 Beschäftigte mehr haben als 2006.“ Im vergangenen Jahr zählte das Bauhauptgewerbe durchschnittlich 711 000 Beschäftigte.

Eine solche Zuversicht war der Bauindustrie lange fremd, die seit Mitte der 90er Jahre mit wegbrechenden Umsätzen und Tausenden Betriebsinsolvenzen zu kämpfen hatte. Spätestens seit Mitte des vergangenen Jahres aber geht es wieder aufwärts. Und auch für das zweite Halbjahr 2007 rechnet Keitel mit weiterem Wachstum. So hat der Verband erst kürzlich seine Umsatzprognose für das gesamte Jahr von 3,5 Prozent auf fünf Prozent heraufgesetzt. Nur der Wohnungsbau, der nach dem Wegfall der Eigenheimzulage im vergangenen Jahr und der Mehrwertsteuererhöhung zu Beginn dieses Jahres rückläufige Zahlen auswies, werde im gesamten Jahr 2007 keinen Beitrag zum Bauwachstum leisten. Dennoch sieht Keitel keinen lang andauernden Stillstand beim Wohnungsbau. „Es wird nicht mehr zu den großen Zahlen kommen, die wir in der Vergangenheit mal hatten. Aber das wird sich wieder einpendeln“, sagte er.

Keitel machte jedoch deutlich, dass sich die gute Auftragslage noch nicht im Ertrag aller Unternehmen widerspiegele. „Wir brauchen einen langen Aufschwung, damit sich das auch im Ergebnis niederschlägt.“ Die Baustoffpreise hätten wesentlich schneller angezogen, als die Unternehmen sie in den lang laufenden Verträgen mit den Bauherren hätte weitergeben können. So habe etwa ein Generalunternehmer, der einen auf drei Jahre angesetzten Auftrag für ein großes Einkaufszentrum bekommen habe, mit den inzwischen stark angestiegenen Stahlpreisen zu kämpfen. „Alle Baustoffpreise laufen regelrecht davon“, sagte Keitel. So müssten auch die Verbraucher ab sofort mit teureren Handwerksleistungen rechnen. In welcher Höhe sich diese tatsächlich niederschlagen, konnte der Verbandspräsident nicht sagen.

Neben den hohen Baustoffpreisen tut sich in der Branche derzeit ein weiteres Problem auf, betonte Keitel. In der zehnjährigen Baukrise hätten die Unternehmen ihre Mitarbeiterzahl von ursprünglich 1,4 Millionen etwa auf die Hälfte reduziert. Jetzt aber würden wieder qualifizierte Mitarbeiter gesucht. So sehe sich die Bauindustrie in den nächsten Jahren einem verschärften „Wettbewerb um die klügsten Köpfe“ ausgesetzt. Im vergangenen Jahr hätten die meisten Unternehmen ihren Personalbedarf zwar noch mit erwerbslosen Bauarbeitern und Bauingenieuren decken können, erklärte Keitel. Inzwischen seien aber nur noch 125 000 Bauarbeiter arbeitslos gemeldet – das sei der niedrigste Stand seit 1995. Zugleich sei bis Mai dieses Jahres die Zahl der arbeitslosen Bauingenieure um mehr als 40 Prozent auf rund 5000 zurückgegangen, sagte der Verbandschef. Damit habe sich das Verhältnis von Arbeitslosen zu offenen Stellen dramatisch verändert: Anfang 2005 seien auf eine offene Stelle für Bauingenieure 39 Bewerber gekommen. Mitte dieses Jahres seien es nur noch vier Bewerber gewesen. Hinzu komme, dass bedingt durch die Altersstruktur der Beschäftigten im Baugewerbe in den kommenden Jahren jährlich rund 19 000 Baufachkräfte in den Ruhestand gingen und zusätzlich wegfielen.

Der Verbandspräsident rief die Betriebe deshalb dazu auf, mehr für die Beschäftigung zu tun. „Wir müssen dafür sorgen, dass mehr Betriebe ausbilden. Und wir müssen sehen, dass wir genügend Ausbildungswillige bekommen“, sagte Keitel. „Durch den langen Niedergang und die ewigen Jammereien haben wir auch unser eigenes Image beschädigt.“ Yasmin El-Sharif

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