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Erntemaschinen im Hochbetrieb. 75 Prozent der Getreideernte ist eingefahren, aber die Gesamtprognose ist schwach.

© Jens Büttner/dpa

Bauernverband meldet Ertragszahlen: Um deutsche Felder ist es schlecht bestellt

Der verregnete Frühsommer sorgt für schwache Erntebilanz. Der Bauernverband fordert finanzielle Unterstützung, um im globalen Wettbewerb zu bestehen.

„Es regnet zwar oft, doch dafür wächst es gut auf den Feldern“ - so mag sich manch jemand mit der feuchten Witterung in Deutschland trösten. Die Wetterkapriolen in diesem Jahr haben jedoch auch den deutschen Bauern kein Glück beschert. Am Donnerstag teilte der Deutsche Bauernverband (DBV) in Berlin die Zwischenbilanz der diesjährigen Ernte mit, die aufgrund der zu starken Niederschläge für einige Erzeugnisse sehr niedrig ausfiel. „Die Ernte in diesem Jahr war eine reine Nervenprobe“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Der Mangel an Sonne kam zusätzlich erschwerend dazu. Aufgrund wiederholter Schauer auch im Hochsommer konnte die Ernte noch nicht für alle Produkte abgeschlossen werden, weshalb manche Volumen geschätzt wurden. Insbesondere die Kartoffelernte steht noch bevor.

Nässe verhindert Pflanzenschutz

Die größten Ertragseinbußen verursachte die hohe Feuchtigkeit bei den Getreidesorten. In einigen Regionen hätten die Pflanzen durch staunassen und dadurch sauerstoffarmen Boden nicht genügend Nährstoffe aufnehmen können, erklärte der Bauernverband. Zudem hätten Niederschläge vielerorts die Felder zeitweise unbefahrbar gemacht und damit nötige Pflanzenschutzmaßnahmen verhindert. Dadurch seien vermehrt Krankheiten und Schädlinge aufgetreten. Die volumenstärksten Sorten – Weizen, Raps und Roggen – brachen zweistellig ein. Lediglich der wertvolle Hopfen konnte ein schwaches Vorjahr wieder ausgleichen.

Kirschessigfliege vernichtet Obst

Winzer und Obstbauern leiden nicht nur unter der fehlenden Sonne. Vor allem in Süddeutschland treibt die Kirschessigfliege ihr Unwesen, die aus Ostasien eingeschleppt wurde. Ihr Vorgehen: sie sägt mit einem „Legebohrer“ Fruchtschalen an, um darin ihr Eier abzulegen. Mit Vorliebe befällt sie Trauben, Kirschen und eine Vielzahl von Beeren. Befallene Früchte bekommen einen ungenießbaren Essiggeschmack und können nicht verkauft werden. Manche Obsthöfe hatten sogar schon totale Ernteausfälle, meldet Obstexperte Hans-Dieter Stallknecht vom DBV. „Wir kennen den Schädling noch nicht“, muss er zugeben. Joachim Rukwied indes lobt den Erfolg der eingesetzten Agrarchemikalien: „Hätten wir keine Pflanzenschutzmittel, da würden wir nichts ernten.“ Dies gelte auch für Öko-Bauern. Trotz Fliegenbefalls traut der DBV der Weinernte aber einen Rückgewinn von neun Volumenprozent zu.

Regierung will Geld geben

Die lang anhaltende Milchpreisflaute und der wetterbedingte Ernteausfall dieses Jahr haben bei den deutschen Agrarwirten unmittelbare Auswirkungen. „Vielen Ackerbauern geht das Geld jetzt aus“, sagt Rukwied vom DBV. Seine Forderungen an die Regierung wurden erhört: Agrarminister Christian Schmidt (CSU) versprach den Landwirten mit 60 Millionen Euro zu helfen. Jedoch nur verknüpft mit der Forderung, dass die Länder 40 Millionen Euro beisteuern würden. Der DBV forderte zudem wiederholt die Lockerung des Handelsambargos mit der Russischen Föderation, ein Exportmarkt, der den deutschen Bauern seit zwei Jahren verwehrt bleibt.

Europa verliert international

Um die Felder von Bauern auf anderen Kontinenten ist es hingegen gut bestellt. Das US-amerikanische Agrarministerium, dessen Statistiken als Leitwert in der Industrie gelten, hat am Montag etwa seine Prognose für die weltweite Weizenproduktion auf 743 Millionen Tonnen erhöht, so viel wie noch nie. Weizen ist das Ackerprodukt mit dem größten globalen Handelsvolumen. „Europa galt in den letzten Jahren als zweitwichtigster Exporteur von Getreide. Durch die starke Produktion in den USA und der Schwarzmeerregion ist diese Position in Gefahr“, beobachtet ein Analyst einer großen deutschen Agrarhandelsgenossenschaft. Frankreich, größter Getreideproduzent Europas, verkündete kürzlich über 20 Prozent Ertragseinbruch.

Leicht steigende Verbraucherpreise

DBV-Vorstandsmitglied Wolfgang Vogel rechnete angesichts der schlechten Ernte mit steigenden Preisen. „Der Verbraucher muss sich darauf einstellen, dass Qualität einen Preis hat“, sagte er. Während Vogel beispielsweise davon ausging, dass Brötchen „ein paar Cents mehr“ kosten könnten, rechnete Verbandspräsident Rukwied in der Summe nicht mit nennenswerten Effekten. Auf besseres Wetter im nächsten Jahr hoffen beide. mit afp/dpa/rtr

Sebastian Gluschak

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