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Wirtschaft: Baugewerbe fordert Niedriglohn

BERLIN (chi).Als "finanz- und wirtschaftspolitisches Harakiri" hat der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) die Reformvorstellungen der Bundesregierung scharf angegriffen.

BERLIN (chi).Als "finanz- und wirtschaftspolitisches Harakiri" hat der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes (ZDB) die Reformvorstellungen der Bundesregierung scharf angegriffen.Unmittelbar vor Beginn der Gespräche über ein "Bündnis für Arbeit" listete ZDB-Präsident Fritz Eichbauer die Kritikpunkte auf.Die Steuerreform-Pläne, etwa die Verlustverrechnung einzugrenzen, die Abschreibungsmöglichkeiten auch in Sanierungsgebieten zu kürzen oder die Spekulationsfrist auf zehn Jahre zu verlängern, seien ein "Investitionsverhinderungs-Paket", das die ohnedies flaue Baukonjunktur abwürgen und Arbeitsplätze kosten werde, warnte er.Noch verheerender seien die geplanten Änderungen in der Sozialpolitik.Mit der Einführung einer gesetzlichen Schlechtwettergeldregelung und der Rückkehr zur vollen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall würde Arbeitsminister Walter Riester (SPD) "zum Totengräber einer ganzen Branche", so Eichbauer."Sollten alle vorgeschlagenen Maßnahmen Wirklichkeit werden, wird der deutsche Baumarkt in Zukunft ausländischen Unternehmen gehören."

Die Stimmungslage in den Betrieben sei schlecht.Im Hochbau sei die Neigung zu Abschlüssen "auf Null" gesunken - Folge der Verunsicherung durch die Steuerpläne.In den ersten neun Monaten seien die Baugenehmigungen für Mietwohnungsbauten im Westen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 13,1 Prozent gesunken, im Osten sogar um 54,7 Prozent.Einzig der Tiefbau floriere, was Eichbauer mit "Sondereffekten" der öffentlichen Haushalte erklärt.

Der Rückgang am Bau habe auch dazu geführt, daß in diesem Jahr erneut 120 000 Arbeitsplätze - etwa zu gleichen Teilen in Ost und West - wegfielen, ein Minus von zehn Prozent.Eichbauer warnte deshalb vor einer weiteren Erhöhung der Lohnnebenkosten.Die Einführung einer gesetzlichen Schlechtwettergeldregelung würde den Betrieben 800 Mill.bis eine Mrd.DM abverlangen, die Lohnnebenkosten um vier Prozent erhöhen.Die Rückkehr zur vollen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall bedeute eine weitere Steigerung von 0,3 Prozent.Weil zu befürchten sei, daß der Krankenstand dann wieder zunehme, werde sich diese Änderung aber tatsächlich mit 2,5 bis drei Prozent niederschlagen.Mehr Arbeitsplätze würden so nicht entstehen, sagte der Verbandschef.Sinnvoller wären etwa die Einführung einer dauerhaften Niedriglohngruppe und einer Pauschalabgabe für Subunternehmer.Für die Fachgemeinschaft Bau in Berlin, die vor zwei Jahren aus Protest gegen die Tarifpolitik aus dem Verband austrat, zeigt Eichbauer nun Verständnis: "Für einfache Arbeiten können wir nicht 25 DM zahlen." Mitte Februar will sich der Spitzenverband, der schon sein Domizil in Berlin bezogen hat, mit den Abtrünnigen treffen.

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