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Wirtschaft: Bausch & Lomb baut um

Berlin wird zum europäischen Forschungsstandort

Berlin - Das amerikanische Pharma-Unternehmen Bausch & Lomb hat die traditionsreiche Spandauer Medikamentenfabrik Dr. Mann Pharma neu ausgerichtet. Sie soll zum europäischen Forschungs- und Entwicklungszentrum des Konzerns werden, sagt die Geschäftsführerin für Deutschland, Österreich und die Schweiz, Gaëlle Waltinger. Die 38-jährige Französin, die seit einem Jahr auch das Werk am Brunsbütteler Damm in Spandau leitet, will die Produktion stärker auf Augenmedizin konzentrieren.

Die Pillenherstellung am Standort wird 2011 eingestellt. Nachdem die Exklusivrechte zum Beispiel für das Schmerzmittel Vivimed ausgelaufen sind, können die Präparate in Indien oder China wesentlich günstiger produziert werden, sagt die aus der Bretagne stammende Chefin, die mit einem Deutschen verheiratet ist. Deshalb setzt sie in Spandau auf Augenmedizin und spezialisiert das Werk auf die Herstellung von flüssigen Medikamenten. Gerade wurde eine der vier Fertigungslinien mit neuer Technologie nach einem Umbau wieder in Betrieb genommen. Allein die Herstellung von sterilen Einzeldosierungen wurde seit 2007 auf fast 400 Millionen im Jahr verdoppelt. Eine fünfte Produktionsstraße wird bis zum Jahresende aufgebaut.

Rund 30 Millionen US-Dollar sind in den vergangenen drei Jahren in den Standort geflossen, und damit soll noch nicht Schluss sein. „Wir investieren in die Zukunft“, sagt die Geschäftsführerin, die sich schon zu Beginn ihrer Karriere bei der Beratungsfirma Price-Waterhouse- Coopers mit der Branche befasste und danach für den Schweizer Pharma-Konzern Novartis in Frankreich, der Schweiz und Ungarn tätig war. Nach Berlin ist sie auch wegen der langen Tradition des Unternehmens gekommen, und weil die neuen Eigentümer versichert hätten, diese für die nächsten 150 Jahre fortzuschreiben.

Der Gründer von Dr. Mann Pharma war der Erfinder der pipettenlosen Augentropfenflasche. 1986 wurde der Betrieb von der ebenfalls auf diesen Bereich spezialisierten, 150 Jahre alten US-Firma Bausch & Lomb übernommen. Im Oktober 2007 kaufte der Finanzinvestor Warburg Pincus die Firmengruppe. Zwei Monate später wurde in Berlin eine leerstehende Nachbarfabrik erworben. Dort ist die Geschäftsleitung eingezogen, weitere Büros sollen folgen, um Platz zu machen für eine Produktionserweiterung.

Von einer österreichischen Firma hat Bausch & Lomb die Lizenz für die europäische Markteinführung des entzündungshemmenden Wirkstoffes Bromfenac erworben und will entsprechende Tropfen produzieren. Auch Produkte der 2009 übernommenen italienischen Pharmafirma Tubilux sollen künftig in Berlin hergestellt werden, ab 2013 ist die Fertigung eines neuen Glaukommedikamentes geplant. Dazu komme die Entwicklung neuer Präparate gegen Augenkrankheiten, die derzeit noch nicht geheilt werden können, sagt Waltinger. Zukünftig sollen auch Augentropfen aus Spandau in die USA geliefert werden. Waltinger will dafür die Zulassung der US-Aufsichtsbehörde FDA für flüssige Medikamente erwerben. „Das wäre ein richtiger Stolz für den Produktionsstandort Berlin“, sagt sie.

Die Neuausrichtung hat aber auch personelle Umstellungen mit sich gebracht. Die Gehaltsabrechnung ist ausgelagert worden, der Vertrieb soll – wie auch die Forschung – ausgebaut werden.

Auf der Weltrangliste der Hersteller von Augenmedizin liegt Bausch & Lomb derzeit auf dem siebenten Platz. Der Gesamtkonzern macht einen Jahresumsatz von mehr als zwei Milliarden Dollar, und auch die Berliner Fabrik macht Gewinne. „Unser Ziel ist es, unter die Top 3 zu gelangen“, sagt Waltinger. Dazu soll das Spandauer Werk mit seinen 600 Mitarbeitern als weltweit zweitgrößter Standort von Bausch & Lomb mit beitragen. Rainer W. During

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